Aktion in Bad Tölz:Bunte Brücken gegen die Ohnmacht

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Flüchtlingshilfe für die Ukraine: An der Tölzer FOS/BOS haben Schüler, Lehrer und Prominente sogenannte Peacepaintings gemalt, die nun für den guten Zweck angeboten werden. (Foto: Harry Wolfsbauer)

An der Tölzer FOS/BOS malen Schüler, Lehrer und Prominente sogenannte Peacepaintings gegen die Hilflosigkeit, die der Krieg in der Ukraine ausgelöst hat. Die Werke werden für den guten Zweck angeboten, der Erlös kommt vollständig der Flüchtlingshilfe Bad Tölz zugute.

Von Petra Schneider, Bad Tölz

Karsten Bauer hat sich einige Gedanken gemacht, was er aufs Bild bringen will. In der Nacht vor dem Flüchtlingshilfeprojekt "Peacepaintings" sei ihm die "Grundidee" eingefallen, erzählt der Tölzer Stadtrat: "Brücken bauen" soll sein Friedensbild heißen. Er sei künstlerisch "eher nicht begabt", aber mitmachen will er auf jeden Fall. Es ist ein schönes Projekt, das Kunstlehrerin Jasmin Strickroht-Espeel und ihre Kollegin Brigitte Schultheiß ersonnen haben: Kunst gegen die Ohnmacht, die der Krieg in der Ukraine ausgelöst hat. Solidarität gegen Resignation und Hilflosigkeit. Verbunden mit handfester Hilfe, denn die voraussichtlich etwa 45 Bilder, die im Rahmen des Projekts entstehen, werden bei der Vernissage am 10. Juli gegen eine Spende abgegeben, ein Teil wird von Sportmoderator Markus Theil versteigert. Der Erlös kommt vollständig der Flüchtlingshilfe Bad Tölz zugute, etwa dem Mehrgenerationenhaus, dem BRK-Laden oder der Tölzer Tafel.

Britta Schultheiß, rechts stehend, und Jasmin Strickroth-Espeel, links, haben die große Unterstützungsaktion für die Ukraine gestartet. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Hilfsbereitschaft verlaufe in "Sinuskurven", sagt Schultheiß; sie flacht nach einem steilen Anstieg oft schnell wieder ab. Auch dagegen wolle man mit der Spendenaktion ein Zeichen setzen. Und so haben die Lehrkräfte der FOS/BOS Schülerinnen und Schüler der Kunstklasse, ukrainische Kinder der Willkommensklasse der Realschule, Schüler der Marie-Luise-Schultze-Jahn Förderschule und des Tölzer Gymnasiums angeregt, "Friedensbilder" zu malen. Eine kleine Auswahl ist bereits in der Aula zu sehen: Friedenstauben in Regenbogenfarben, eine Blume mit kräftig-bunten Blüten, das Peace-Zeichen, die ukrainischen und deutschen Farben vereint in Quadraten, abstrakte Kompositionen. Es sei gut, dass die Aktion im Rahmen von Schule stattfindet, findet Schultheiß, denn man habe eine besondere Vorbildfunktion. Die Botschaft laute: Wenn man zusammensteht, kann man auch etwas bewirken.

Schauspieler Ferdinand Hofer, der unter anderem zum Ensemble des Münchner Tatort gehört, fand: "Das Projekt muss man unterstützen." (Foto: Harry Wolfsbauer)

Nicht nur Schüler sind eingebunden; man habe auch "Prominente" angefragt, die praktisch alle zugesagt hätten, erklären die Organisatorinnen. Bürgermeister Ingo Mehner zum Beispiel, Stadtrat Karsten Bauer, Braumeister Markus Hoppe, Eishockey-Nationalspieler Korbinian Holzer, Kurat Peter Priller, Tölzer-Kurier-Chefin Veronika Ahn-Tauchnitz oder Schauspieler Ferdinand Hofer. Mitmachen wollen auch der Tölzer Stadtpfarrer und seine evangelischen Kollegen, ebenso ukrainische Teilnehmerinnen eines Deutschkurses. Sogar ein bekannter ukrainischer Künstler, der vor dem Krieg nach München geflüchtet sei und von der Aktion in Bad Tölz erfahren habe, habe sich angekündigt, erzählt Schultheiß.

Auch Korbinian Holzer - Eishockeyspieler der deutschen Nationalmannschaft - machte mit. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Beim Termin am Donnerstagabend haben sich etwa 15 Peacepainter in der Aula eingefunden. Es gibt ein kleines Buffet, auf dem Boden sind diverse Malutensilien verteilt: Acrylfarben, Leinwände in verschiedenen Formaten, Pappe-Unterlagen, Spachtel, Schwämme, Goldfolie. Für das Material hat das Lehrerkollegium der FOS 1000 Euro gespendet. Manche Teilnehmer wirken ein bisschen nervös; die meisten betreten an diesem Abend Neuland. "Mein Kunstlehrer würde einen Vogel kriegen, wenn er mich heute hier sehen würde", sagt Bürgermeister Mehner. Aber man müsse auch offen für Dinge sein, "die man nicht kann". Ob sein Bild "Neue Blickwinkel" oder "Andere Blickwinkel" heißen soll, hat er noch nicht entschieden, auf jeden Fall will er eine abstrakte Berglandschaft malen. Die Aktion sei toll, die Stimmung super, das finden alle. "Einfach eintauchen in die Kreativität", das sei für ihn "als stockkonservativen Banker" persönlich eine neue Erfahrung, sagt Karsten Bauer und lacht.

Kunstaffine Lehrer standen für Rat und Tat zur Seite. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Kunstlehrerin Jasmin Strockroht-Espeel gibt eine kurze Einführung: Pappe unterlegen, Leinwand zuerst weiß grundieren, Pinsel nachher unbedingt auswaschen. "Ihr bekommt einen Tutor an die Seite", sagt sie. Denn die größte Angst beim Malen sei die vor der weißen Leinwand. Sich Zeit nehmen, mit anderen austauschen, gemeinsam essen und trinken - auch das gehört zu diesem fröhlichen Happening. Chillige Musik läuft, manche warten noch auf Inspiration oder beraten sich mit ihrer Tutorin. Andere sind bereits mit Feuereifer dabei und hocken konzentriert auf dem Boden vor ihrem Bild. Peter Priller hat den Hintergrund in ein sattes Orange getaucht und das slawische Wort "Mir", "Friede", als Schablone ausgeschnitten. Er wolle mit seinem Bild auf die orangene Revolution verweisen, erklärt er. Schauspieler Ferdinand Hofer aus Weyarn, der unter anderem zum Ensemble des Münchner Tatort gehört, wollte eigentlich mit seinem Kollegen Klaus Steinbacher kommen. Der musste absagen, weil er Corona-positiv getestet wurde, hat aber seine beiden Schwestern als Vertretung geschickt. "Die Messlatte ist höher, als ich dachte", sagt Hofer. Er sei ein ganz schlechter Maler, aber Kneifen geht nicht. "Das Projekt muss man unterstützen".

Vernissage am 10. Juli, 19 Uhr, Aula der FOS/BOS Bad Tölz, Alter Bahnhofsplatz 10. Alle Bilder können auf der Homepage mittels QR-Code in einer Online-Ausstellung begutachtet werden. Mehr Informationen per E-Mail unter peacepaintings@fosbos-badtoelz.org

(Foto: Harry Wolfsbauer)
(Foto: Harry Wolfsbauer)
(Foto: Harry Wolfsbauer)

Die 45 Bilder, die im Rahmen des Projekts entstanden sind, werden bei der Vernissage am 10. Juli gegen eine Spende abgegeben. Bis dahin lassen sich die Werke online begutachten. Der Erlös kommt vollständig der Flüchtlingshilfe Bad Tölz zugute, etwa dem Mehrgenerationenhaus, dem BRK-Laden oder der Tölzer Tafel.

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