Bad Tölz:Anstrengende Spurensuche bei der Bullen-Tour

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Nessy Karolinger lässt ihre ersten Teilnehmer sechs Stunden lang in memoriam Benno Berghammer durch die Gegend kurven. Katerina Jacob verschwindet so überraschend, wie sie aufgetaucht ist.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Mehr als eine Stunde ist die kleine Gruppe bei der "oanzig wahren Bullen-Tour" schon durch Bad Tölz gelaufen, als sie an der Tourist-Information im Kurviertel ankommt. Plötzlich nimmt eine Teilnehmerin ihre Brille ab, greift sich ins braune Haar und reißt die Perücke vom Kopf. Mit zwei kurzen Handgriffen verwandelt sie sich in Katerina Jacob, die in der TV-Serie "Der Bulle von Tölz" die Kommissarin Sabrina Lorenz gespielt hat. "Die hat so gejuckt", sagt die Schauspielerin über das künstliche Haarteil. Von ihrem Mann abgesehen, stehen alle verblüfft vor ihr. Ein gelungener Gag von Nessy Karolinger zur Premiere der Bullen-Tour? Mitnichten. Die Travestie-Künstlerin und Initiatorin der sechsstündigen Rundreise auf den Spuren des Bullen schaut selbst perplex drein.

Die Frage von Jacob, wie sie es denn mit der Perücke aushalte, übergeht Kulturmuse Karolinger. Ein wenig unsicher will sie wissen, ob sie denn bisher alles richtig erzählt habe. Zum Teil ja, erwidert Jacob und meint: "Es war anstrengend." Nun gehe sie erst mal ins Café, um ein Eis zu essen. "Vielen Dank für die Ehre", sagt Karolinger noch und gewinnt nach dem Abschied der Schauspielerin schnell die Fassung zurück. "Ich finde die Idee eigentlich cool."

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Im Bulle-von-Tölz-Museum am Kapellengasteig hat sie eine gute Stunde zuvor jedenfalls nichts Falsches über Jacob erzählt. Anders als Ottfried Fischer, der als Kommissar Benno Berghammer den Ehrenpreis "Der Tölzer Löwe" erhielt, wurde seine Kollegin nicht mit einer Auszeichnung bedacht. Wie von allen Hauptdarstellern hängt von ihr aber ein großes Schwarz-Weiß-Foto in der Ausstellung. Die Schau hatte Peter Syr mit Peter Seidl konzipiert, der unter dem Museum sein Schmuckwarengeschäft betreibt.

Platznot herrscht bei der ersten Bullen-Tour nicht gerade in den drei Räumen: 25 Teilnehmer hätten es sein dürfen, nur zehn sind da, Jacob und ihr Mann eingerechnet. Zu den Exponaten zählen auch Zeitungsartikel, die darüber berichten, wie die Jachenauer einmal stinksauer auf die Macher der Krimiserie waren, weil ein Mörder und sein Opfer die Namen von Leuten trugen, die in ihrem Ort lebten. Sie können den kuriosen Leserbrief eines norddeutschen Ehepaars lesen, das sich tiefbesorgt zeigte, ob es nach Tölz in den Urlaub fahren könne, weil dort neuerdings immer so viele Morde passierten.

150 Kilometer kreuz und quer zu den Drehorten

In Bad Tölz klappert die Gruppe dann bekannte Schauplätze ab: das Café "Heimat", das im ersten Stock einmal als Disco diente; die Kirchgasse, die für die Crew laut Karolinger der schlimmste Drehort gewesen sei, weil sie nicht mal mit einem Auto hineinfahren konnte; den Bürgergarten als Eingang zur Polizeiinspektion. Im Hotel Kolbergarten erzählt Karolinger von einer Szene, in der Berghammer durch ein Fenster eine Versammlung von Tölzer Baulöwen belauscht, und von einer Faschingsparty, für die eine solche Unmenge an Konfetti verbraucht worden sei, dass man bunte Papierschnitzel noch heute im Kolbergarten hinter den Schränken finde.

Eine Karte als Übersicht zu den Drehorten. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Ehe sie am Bulle-von-Tölz-Brunnen am Max-Höfler-Platz in den kleinen Bus steigt, erzählt Monika Kube, dass sie sich die Folgen der TV-Serie noch immer oft anschaue. Die Tour sei "eine interessante Kiste", sagt Kube, die aus Neuruppin in Brandenburg stammt und seit drei Jahren in Tölz lebt. Neugierig sei sie vor allem auf die Drehorte außerhalb von Tölz. Dann fährt der Bus los, 150 Kilometer kreuz und quer durch den Landkreis, vier Stunden lang ohne Kaffeepause.

Die Route führt meist abseits der Bundes- und Kreisstraßen in die entlegensten Winkel. Auf einer löchrigen, nur feldwegschmalen Asphaltbahn rumpelt er zum Bergerhof bei Dietramszell. In dem jahrhundertealte Gebäude hatte der Staatssekretär von Gluck - gespielt von Klaus Guth - in der Folge "Tod in Dessous" ein privates Sadomaso-Studio eingerichtet. Beat Klopfenstein und seine Frau fotografieren eifrig.

Die Krimis mit dem Bullen böten "leichte Kost", sagt der gebürtige Schweizer, der seit 17 Jahren in München lebt. "Da muss man nicht immer voll konzentriert dabei sein." Besonders gefalle ihm "das Bayerische daran". Den Bergerhof kann er nur von vorn ablichten. Hinten herum darf die Gruppe nicht gehen, das hat der Privatbesitzer untersagt. Mit allen Eigentümern der Anwesen, die auf der Tour besichtigt werden, hatte Karolinger vorher gesprochen. "Ich bin die Strecke abgefahren, habe geklingelt und über das Projekt geredet. Das ist besser als am Telefon."

Monika Gams, die mit ihren beiden Kindern vor dem Gamshof in Walleiten bei Kirchbichl steht, ist denn auch nicht überrascht, als die Gruppe aus dem Bus steigt. "Ach ja, heute ist ja die erste Tour", sagt sie und lädt die Besucher sogar ein, hereinzukommen. Als dort die Folge "Bauernhochzeit" gedreht wurde, war sie noch nicht da. Sie habe später eingeheiratet, erzählt sie.

Auf dem Klingelschild steht noch "Berghammer"

Der Bus kurvt weiter über einen Hof im Manhartshofen zum Kloster Schäftlarn und zum Hollerhaus in Irschenhausen, der "Pension Resi" in der TV-Serie. Am Klingelschild steht dort noch immer der Name "Berghammer". Die Besucher schauen durchs Fenster in die Küche, die Ruth Drexel als Mama Berghammer in einer der 69 Folgen in eine Streuselkuchen-Bäckerei umfunktionierte.

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Zu sehen ist nicht viel, die Küche ist bis auf einen Tisch und ein paar Stühle leer. Aber man habe das Gefühl, Benno Berghammer komme jeden Moment aus der Tür, sagt Renate aus Berg, die ihren Nachnamen nicht nennen will. Ebenso wenig ihre Begleiterin Marlies aus München, die am Handy mit Katerina Jacob telefoniert. "Wir wurden von Katerina eingeladen", sagt sie. Man kenne sich seit mehr als 30 Jahren. Die zwei Frauen steigen am Hollerhaus aus der Tour aus - um Katerina Jacob auf einen Kaffee zu treffen, wie Nessy Karolinger sagt.

Die letzten Stationen - das Kloster Benediktbeuern ("Palermo ist nah"), die "Rambold"-Villa in Beuerberg und der Moorweiher in Bad Heilbrunn ("Krieg der Camper") - absolviert die Gruppe in arg zusammengeschrumpfter Besetzung. Im originalgetreu rekonstruierten Bullen-Büro an der Herderstraße in Tölz gibt es mit Leberkässemmeln und dem "Bullen-Trunk" des Tölzer Gasthauses endlich etwas zu essen und zu trinken. Karolinger hätte gerne noch mit Katerina Jacob gesprochen, die angekündigt hatte, am Ende der Tour wieder zur Gruppe stoßen zu wollen. Ihr Überraschungs-Coup geht ihr im Kopf herum. Sie wisse nicht, was die Schauspielerin mit ihrer Verkleidungsaktion bezwecken wollte, sagt Karolinger. Aber Katerina Jacob taucht nicht mehr auf, weil sie laut Karonlinger keine Zeit hat.

© SZ vom 21.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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