Ausklang des Ickinger Konzertzyklus:Ode an die Trauer

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Philipp Amelung greift auf den Münchner Kammerchor zurück und bewegt in der Ebenhausener Pfarrkirche St. Benedikt mit englischer Chor- und Bläsermusik.

Von Reinhard Szyszka, Schäftlarn

Totensonntag und Requiem - für viele Musikfreunde in Icking und Schäftlarn gehören diese Begriffe untrennbar zusammen. Seit Jahren ist es gute Tradition, den Ickinger Konzertzyklus am letzten Sonntag des Kirchenjahrs mit einem Requiem in der Ebenhausener Pfarrkirche St. Benedikt ausklingen zu lassen.

So auch in diesem Jahr, wo sich der Konzertzyklus die britischen Inseln zum Thema gesetzt hat. Nach dem Orchesterkonzert vor vier Wochen und dem Liederabend vor vierzehn Tagen lenkte Philipp Amelung, künstlerischer Leiter des Zyklus, nun die Aufmerksamkeit auf die größte Stärke des britischen Musiklebens überhaupt: die unvergleichliche Chortradition.

Um an die Qualität der großen englischen Chöre anzuknüpfen, hat Amelung auf seinen Münchner Kammerchor zurückgegriffen, ein Profi-Ensemble, das er seit 2006 leitet. Eine kluge Wahl, denn die gezielte Auswahl der Sänger ermöglicht eine Ausgewogenheit zwischen den Stimmen, wie sie bei einem Laienchor nicht gegeben ist. Ganz in schwarz gekleidet, betraten die 16 Sängerinnen und Sänger den Altarraum.

Das Konzert begann mit einer Psalmvertonung in lateinischer Sprache von Benjamin Britten. Der Kammerchor präsentierte einen runden, homogenen Chorklang, klar und sauber intoniert, flexibel und zu feinsten dynamischen Abstufungen fähig. Beim zweiten Werk, einer Motette des Renaissance-Komponisten William Byrd, reduzierte sich der Chor auf fünf Einzelstimmen - zwei Soprane, je ein Alt, Tenor und Bass -, die die hochpolyphone, anspruchsvolle Musik makellos bewältigten.

Danach war wieder der gesamte Chor gefordert, und es erklang das Kernstück des ersten Konzertteils: Benjamin Brittens Hymne an die heilige Cäcilia, die Schutzpatronin der Musik. Amelung hatte in seinem Grußwort darauf hingewiesen, dass Britten an einem 22. November, dem Cäcilientag, geboren worden war, und dass auch dieses Konzert am 22. November stattfand. Brittens Cäcilia-Hymnus geht auf einen Text von Wyston Hugh Auden zurück, gegliedert durch die refrainartig wiederkehrende Bitte um Inspiration für alle Musiker. Hier erklingt auch das Konzertmotto "Immortal Fire".

Der Komponist leuchtet den Text detailgenau aus und verlangt vom Chor eine enorme Flexibilität und Bandbreite. Besonders tückisch: in den letzten Takten steigt der Bass in die tiefsten Tiefen hinab. Wehe dem Chor, der zuvor in der Intonation abgesunken ist! Doch kein Problem für den Münchner Kammerchor, der auch dieses komplexe, vielschichtige Werk unter Amelungs klarem Dirigat souverän meisterte. Das Chorprogramm wurde aufgelockert durch einige Werke für Barockposaunen und Zink, von der Empore herab geblasen. Schade nur, dass der so aufschlussreiche, informative Aufsatz im Programmheft diese Instrumentaleinlagen mit keinem Wort erwähnte. Man hätte gerne auch über Orlando Gibbons und John Jenkins, die Komponisten dieser Bläserstücke, ein paar Ausführungen gelesen.

Nach der Pause erhielt der Chor, der bis dahin a cappella gesungen hatte, Unterstützung durch eine Truhenorgel und eine Violone. Werke von Henry Purcell standen auf dem Programm, zunächst einige kleinere Kompositionen, unter denen "Remember not, Lord, our Offences" hervorragte, dicht und intensiv gesungen mit leuchtenden Piani. Den Abschluss des Abends bildete Purcells Ode auf den Tod von Queen Mary, die Ende 1694 mit 32 Jahren überraschend gestorben war. Als Purcell diese Trauermusik auf die junge Königin schrieb, ahnte er nicht, dass er selbst das kommende Jahr nicht überleben sollte.

Die vier Bläser, die zuvor von der Empore gespielt hatten, zogen jetzt unter Führung eines Trommlers durch den Kirchenraum nach vorne, wo sie vor dem Chor Platz nahmen. Die Trauerode erklang ernst und würdevoll, verlieh aber auch der christlichen Jenseitshoffnung Ausdruck. Zuletzt erhoben sich die Bläser wieder und zogen hinter dem Trommler her in die Sakristei, wo sie ihr Spiel fortsetzten, bis nichts mehr zu hören war.

Bei so viel ausgeklügelter Choreografie wäre beinahe die Zugabe unter den Tisch gefallen. Der Beifall war nach dem Auszug des Chors bereits abgeebbt, als die Sängerinnen und Sänger zur Freude des Publikums zurückkehrten und erneut Aufstellung nahmen. Amelung ließ "Remember not, Lord, our Offences", das wohl ergreifendste Werk des Abends, wiederholen und brachte so ein gelungenes Konzert zum Abschluss.

© SZ vom 24.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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