Leserbriefe:Streit um Asyl-Unterkünfte

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Ursprünglich planten Stadt Penzberg und Landratsamt Weilheim-Schongau die Einrichtung einer Asyl-Notunterkunft in den alten Turnhallen an der Bürgermeister-Prandl-Schule. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Die Vorbehalte gegen geplante Flüchtlingsquartiere in Sporthallen in Penzberg und Wolfratshausen können manche SZ-Leser nicht teilen. Und am Kraft-Areal in der Loisachstadt wird ein vernünftiger Radweg gefordert.

Ängste geschürt

Zu " Neuer Standort für Notunterkunft in Penzberg" vom 12. Oktober:

Offenbar braucht es nur ein Gerücht, und schon formiert sich eine besorgte Bürgerschaft zum Widerstand gegen die Unterbringung von geflüchteten Menschen in unserer Mitte. Anstatt sich zu informieren, werden Ängste geschürt und Vorurteile bedient. Und selbst wenn die Penzberger Polizei richtigstellt, dass es keinesfalls einen sexuellen Angriff von zwei ausländischen Tätern gegen eine Minderjährige gegeben habe, wird dies von einem Großteil der Anwesenden einfach nicht zur Kenntnis genommen. So geschehen am letzten Dienstag bei der Info-Veranstaltung bezüglich der Unterbringung von weiteren Geflüchteten in den Turnhallen neben der Grundschule.

Offenbar wollte sich einige ihr Weltbild bzw. Feindbild nicht von Fakten zerstören lassen. Fakt ist jedoch, dass von den bislang in Penzberg untergebrachten geflüchteten Personen keine größere Bedrohung ausgeht als von den Penzberger Einheimischen. Eine Häufung von Straftaten in den Flüchtlingsunterkünften wurde ganz klar von der Polizeiinspektion Penzberg verneint. Ein Großteil der geflüchteten Menschen, egal ob aus Syrien, Afghanistan, der Ukraine oder einem anderen Land, sucht hier in Deutschland in erster Linie die Sicherheit, nicht verletzt, misshandelt oder getötet zu werden. Wir und unsere Kinder sind hier in Sicherheit, auch wenn wir weitere Menschen, die alles verloren haben, bei uns aufnehmen. Und dies bitte in unserer Mitte und nicht auf der grünen Wiese oder einem abgelegenen Parkplatz, damit ja jeglicher Kontakt zur Penzberger Bevölkerung vermieden wird. So kann Integration nicht gelingen.

Martin Bader, Förderverein Werkraum Penzberg

Beschämende Vorbehalte

Zum selben Thema:

Dass ausgerechnet in Penzberg (das seit Beginn des 19. Jahrhunderts für durch seine Integrationskraft für Zuzüge aus allen möglichen Ländern bekannt ist) emotionale Vorbehalte gegen "Fremde" auftauchen, ist beschämend. Lassen Sie mich daher fünf kurze Thesen aufstellen:

1. Wir sind in der Pflicht, eine Anzahl von Geflüchteten aufzunehmen. Diese Menschen werden "zugewiesen". Sie sind da und können weder in Kriegsgebiete zurück geschickt noch auf Schlauchbooten im Mittelmeer ausgesetzt werden. Zu diesen Menschen gehören Familien mit Kindern genauso wie Einzelpersonen.

2. In den letzten Jahren gab es weder in Penzberg noch sonstwo im Landkreis Probleme mit den Asylbewerbern. Man darf und kann nicht alle Flüchtlinge pauschal kriminalisieren. Ängste sind subjektiv und weder statistisch noch aus der Erfahrung gerechtfertigt.

3. Die Kinder aus der Ukraine oder aus Syrien rutschen und schaukeln am Spielplatz genauso wie die Kinder aus Bayern oder Norddeutschland. Sie besuchen Kita und Schule, und die Erwachsenen nehmen "heimisch geworden" oft am Vereinsleben teil. Das nennt man "Integration".

4. Wenn unter Tausenden ein schwarzes Schaf ist, dann hilft eine Unterbringung "in der Prärie" auch nichts. Das schadet allenfalls der Integration der anderen. Viele ergreifen später Berufe, bei denen es an Fachkräften fehlt, etwa in der Pflege.

5. Wenn es aber wirklich berechtigte Sicherheitsbedenken gäbe - wo wäre dann ein besserer Standort als neben der Polizeistation?

Erich Sczepanski, Penzberg

Ein riesiger Unterschied

Zu " BCF demonstriert gegen Unterkunft in der Mehrzweckhalle" vom 13. Oktober:

Frau Hellwig von der BCF-Geschäftsstelle erklärt laut SZ: "Die Lage sei besonders für Kinder schwierig. In einigen Abteilungen sei das Training zum Erliegen gekommen, immer mehr Mitglieder verließen frustriert den Verein." Die "Lage" der Flüchtlingskinder aus der Ukraine und anderen Kriegsgebieten war so, dass sie um ihr Leben fürchteten und nicht nur um den Ausfall ihrer wöchentlichen Freizeitsportstunden. Sie haben auch nicht "frustriert" ihr Land verlassen, sondern aus Angst vor Verfolgung und Tod. Diesen riesigen Unterschied zwischen der Situation der Flüchtlinge und der Situation der Freizeitsportler sollten alle sehen, die auf die Demo am Freitag gehen wollen.

Frau Hellwig unterstellt weiter, dass "die zuständigen Stellen der Stadt Wolfratshausen und im Landratsamt nichts unternehmen, um diesen Zustand der Unterbringung von Menschen in einer dafür nicht konzipierten Mehrzweckhalle schnellstmöglich zu beenden ... ". Der Bürgermeister erläuterte in der letzten Bauausschusssitzung auf Nachfrage von Josef Praller, dass sowohl die Stadt als auch das Landratsamt ihr Bestes tun würden, um diesen Zustand zu beenden, dass aber die Verhandlungen über geeignete Grundstücke eben dauern.

Dr. Fleischer als ehemaliger Immo-Fachmann sollte auch wissen, dass die Genehmigung einer Container-Arbeiterunterkunft auf einer Großbaustelle nicht vergleichbar ist mit dem Aufwand für die Genehmigung einer Flüchtlingsunterkunft.

Hans Schmidt, Stadtrat der Grünen, Wolfratshausen

Ohne vernünftigen Fahrradweg

Zur Berichterstattung über den Umbau des Kraft-Areals in Wolfratshausen:

Die Streckenführung ist sehr großzügig geplant worden. Aber immer noch warten wir auf einen vernünftigen Fahrradweg, der auch als Schulweg geeignet ist! Die bisher vorhandenen Bodenmarkierungen zwingen jeden (sowohl stadtein- als auch stadtauswärts), sich in den fahrenden Autoverkehr einzuordnen. Um 1,5 Meter Abstand zu den Autos zu bekommen, kann man nur Lücken im Verkehr nützen! Stadtauswärts ist gegenüber dem neuen Edeka gar kein Fahrradstreifen vorhanden. Stadteinwärts fährt man über die Tiefgaragenaus- und einfahrt mit fehlender Bodenmarkierung für Fußgänger und Radler.

Eine Novelle zur StVO wurde gerade (11. Oktober) vom Kabinett beschlossen: Städte und Gemeinden dürfen jetzt bestimmen, ob neue Radwege gebaut werden. Und: Die Auswirkungen des Verkehrs auf die Lebensqualität der Menschen soll vorrangig beachtet werden

Petra Buziol, Wolfratshausen

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