Artenvielfalt:Gegen das Insektensterben

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Eine Biene ist mit Hibiskus-Pollen bedeckt, während sie sich auf einer verwelkten Blüte ausruht. Ein Volksbegehren soll die Insekten retten. (Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)

Ein neues Aktionsbündnis im Landkreis unterstützt das von der ÖDP initiierte Volksbegehren "Rettet die Bienen"

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Im Sommer sind die Straßenlaternen an warmen Abenden nicht mehr in schwirrende Wolken eingehüllt, auf der Terrasse braucht kaum noch jemand beim Kuchenessen mit den Händen zu fuchteln, die Windschutzscheiben der Autos bleiben weitgehend sauber: All dies sind Anzeichen des Insektensterbens, das dramatische Ausmaße angenommen hat. Für Stephan Koch handelt es sich um "das größte Aussterben seit der Zeit der Dinosaurier". Mittlerweile gebe es Landstriche, die "völlig tot" seien, was Insekten betrifft, sagt der Kreisvorsitzende der ÖDP. Seine Partei hat das Volksbegehren "Artenvielfalt in Bayern - Rettet die Bienen" initiiert. Das wird im Landkreis von einem Aktionsbündnis aus Parteien, Verbänden und Biobauern unterstützt, das am Montagabend im Tölzer Bräustüberl gegründet wurde.

Im Vergleich zum Jahr 1960 seien inzwischen 70 Prozent der Insekten nicht mehr da, und zwar rein von der Masse her, nicht nach der Zahl der Arten, sagte Koch. Die Folgen seien evident: Etliche Vogelarten fänden keine Nahrung mehr, auch der Mensch bekomme wegen fehlender Bestäubung ein Problem mit seiner Ernährung. Ziel des Volksbegehrens ist es Koch zufolge, die Zahl der biologischen Landwirte in Bayern in der kommenden Dekade von zehn auf 25 bis 35 Prozent zu erhöhen. Für sie sei der Artenschutz wichtig, während Monokulturen ansonsten nur Agrarwüsten schafften, meint der ÖDP-Kreisvorsitzende.

Ein großes Anliegen ist es den Initiatoren auch, die Ausbildung der Forst- und Landwirte zu modifizieren. Artenvielfalt solle dabei ein wichtiges Unterrichtsfach werden, so Koch. Darüber hinaus soll ein Biotop-Netzwerk auf zehn Prozent der Fläche im Freistaat entstehen. Auf Pestizide und vor allem auf Glyphosat soll auf staatseigenem Grund und Boden ganz verzichtet werden. Ökologie müsse im Zweifelsfall Vorrang vor Ökonomie bekommen, betonte Koch. Zudem wollen die Initiatoren erreichen, dass zehn Prozent der Flächen erst später im Jahr gemäht werden, um etwa Schmetterlingen zu helfen. All dies sei auch im Interesse der Bauern. Für Alexander Müllejans ist das Volksbegehren "keine Initiative gegen die Landwirtschaft". Vielmehr gehe es darum, gerade kleinen bäuerlichen Betriebe eine Perspektive zu geben, sagte der Sprecher der Kreis-Grünen. "Wir wollen einen maximalen Druck auf die Politik ausüben."

Auch für den Biobauern und CSU-Kreisrat Franz Demmel hat das Volksbegehren die richtige Stoßrichtung. Allerdings warnte er davor, dass das Höfesterben dadurch beschleunigt werden könnte. In der Begründung für das Begehren finde sich nichts darüber, wie die Ziele denn für die kleinen Landwirte abgefedert werden sollen. "Wir setzen diejenigen, die schon an der Existenzgrenze sind, nochmals unter Druck", so Demmel. Dem hielt Müllejans entgegen, dass man Qualifizierung und andere Preise in der Bio-Landwirtschaft anstrebe: "Es ist nicht so, dass man über Verbote weiterkommt." Für Achim Rückert darf die Förderung der Landwirtschaft nicht mehr nach dem Gießkannenprinzip vonstatten gehen. Die hohen EU-Subventionen sollte der Freistaat weniger in die Fläche, sondern in die Qualität der Bewirtschaftung stecken, meinte der Tölzer Ortssprecher des Bundes Naturschutz (BN).

Die ÖDP hat das Volksbegehren initiiert, dem Trägerkreis gehören aber auch die bayerischen Grünen und der Landesbund für Vogelschutz (LBV) an. Das Aktionsbündnis im Landkreis wird von einem Sprecherrat repräsentiert. Ihm gehören Alexander Müllejans als Sprecher, Achim Rückert vom BN, die stellvertretende SPD-Kreisvorsitzende Viola Seidel, Josef Bauer von der LBV-Kreisgruppe, der ÖDP-Kreisvorsitzender Stephan Koch und Biogärtner Michael Holzmann vom Hofgut Letten an.

Sie müssen sich sputen, um für das Volksbegehren zu werben: Die Einschreibungsfrist ist vom 31. Januar bis 13. Februar 2019. "Für uns wird es eine gar nicht staade Zeit sein, wenn wir das Thema weiterbringen wollen", sagte Müllejans.

Fest steht bereits, dass Karl Bär vom Umweltinstitut München über die Gründe für das Insektensterben am Mittwoch, 23. Januar, 19.30 Uhr, im Gasthaus Flößerei in Wolfratshausen referieren wird. Weitere Vorträge sind dann in Bad Tölz am 31. Januar, in Geretsried in der ersten Februarwoche und an der Katholischen Stiftungsfachhochschule in Benediktbeuern voraussichtlich am 7. Februar geplant. Außerdem will das Aktionsbündnis mit Info-Ständen vor Supermärkte und Rathäuser im Landkreis ziehen.

www.volksbegehren-artenvielfalt.de

© SZ vom 19.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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