Anderer Ansicht:Polizei stellt zentrale Tiefgarage in Frage

Lesezeit: 2 min

Großbaustelle am Karl-Lederer-Platz: Hier soll das neue neue Geretsrieder Stadtzentrum entstehen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Pläne der Stadt Geretsried, Autofahrer rund um den Karl-Lederer-Platz in den Untergrund zu schicken, seien "fernab der Realität".

Von Felicitas Amler, Geretsried

Die große Tiefgarage unter dem Karl-Lederer-Platz, vom Rathaus bis hin zur Egerlandstraße, ist ein wesentliches Element der bereits begonnenen Neugestaltung des Geretsrieder Stadtzentrums. Die sogenannte Zentralgarage soll mit rund 400 Stellplätzen dafür sorgen, dass oben Raum zum Flanieren und Verweilen, zum Bummeln, Einkehren und Ausruhen entsteht. So sieht es das Konzept des Architekten Klaus Kehrbaum, der Stadt und der Investoren Krämmel und Baugenossenschaft (BG) vor. Die Geretsrieder Polizei stellt allerdings in Frage, dass es so funktionieren wird: "Dies ist fernab der Realität", lautet der Einwand wörtlich. Im Entwicklungs- und Planungsausschuss des Stadtrats wurde dies am Dienstag mit einem Verweis auf ein Gutachten zurückgewiesen.

Der Ausschuss hatte zum zweiten Mal die Stellungnahmen aus der öffentlichen Auslegung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans für die Egerlandstraße 58 bis 74 zu behandeln. Dort plant die Baugenossenschaft den Abriss der alten Gebäude und einen umfassenden Neubau mit mehr als 90 Wohnungen und mehreren, teils großflächigen Einzelhandelsbetrieben. Die Stadtverwaltung hatte die Stellungnahmen zu Einwänden und Hinweisen von Behörden und Privatleuten vorbereitet; diskutiert wurde darüber im Ausschuss nicht mehr.

Auf Nachfrage der SZ hieß es am Mittwoch aus dem Rathaus: "Die Stadt ist der festen Überzeugung, dass auch mit Hilfe der gutachterlichen Überlegungen zur Verlagerung von Stellplätzen in die Tiefgarage eine Aufwertung des öffentlichen Raumes erfolgt. Damit entsteht ein ausgereiftes und umsetzungsfähiges Konzept, das gemeinsam mit Bürgern erstellt wird."

Daniel Kießling, Leiter der Geretsrieder Polizei, bestätigte der SZ am Mittwoch die grundsätzliche Kritik seiner Dienststelle. Er sehe zwar die Neugestaltung der Geretsrieder Innenstadt positiv. Wenn dort Platz entstehe zum Flanieren und Bummeln, werte das die Stadt unglaublich auf, und das könnte seiner Ansicht nach auch für eine Tiefgarage gelten. Er befürchte aber, dass es womöglich nur auf dem Papier schön aussehe. Dies umso mehr, als es bisher keine Informationen zum oberirdischen Verkehr gebe.

Nach den Erfahrungen der Polizei und ihrer Verkehrsexperten werde eine Tiefgarage allenfalls von Anwohnern einigermaßen zuverlässig angenommen. "Aber wenn Sie nur schnell Geld abheben oder zum Bäcker gehen wollen, um drei Semmeln zu kaufen - stellen Sie dann Ihr Auto unten ab, gehen nach oben, laufen etliche Meter und gehen wieder nach unten?", fragt er. Kießling sagt, er kenne die Situation gut aus der Stadt Bad Aibling, wo er früher gelebt habe. Dort könne man sehen, dass die meisten das Parkhaus mieden und ihr Auto doch lieber oberirdisch abstellten. "Uns geht es um die Kunden, die kurzfristig etwas zu erledigen haben", erklärt er.

Anders sei es etwa in Rosenheim, wo ein Modegeschäft neben dem anderen zum längeren Einkaufen einlade; für zwei bis drei Stunden stellten die Leute ihre Autos durchaus ein Parkhaus. Und auch bei dem großflächigen Edeka am Karl-Lederer-Platz halte er eine Nutzung der Tiefgarage für realistischer, da man von dieser direkt in den Markt gelangen werde.

Das entscheidende Manko aus Sicht der Polizei ist, dass bis jetzt keine Unterlagen über die geplanten oberirdischen Stellplätze und die künftige Verkehrsführung existierten: "Es wird gebeten, diese vorzulegen", schrieb die Polizei in ihrer offiziellen Stellungnahme. Kießling sagte dazu am Mittwoch: "Shared Space, Verkehrsberuhigung, Kurzzeitparkplätze - wir wissen es nicht."

Aus dem Rathaus hieß es dazu am Mittwoch, das Konzept seit Inhalt der weiteren Planungsphase und derzeit in Vorbereitung. "Momentan werden die Grundlagen für eine stimmige Konzeption zusammengetragen." Dazu gehörten auch die Ergebnisse aus der geplanten Bürgerbeteiligung mit Erkundungsfahrt am Samstag, 12. Mai, nach Memmingen und Bregenz und aus der Planungswerkstatt, die für Freitag und Samstag, 29. und 30. Juni vorgesehen ist. "Danach wird das Konzept im Stadtrat beschlussmäßig festgelegt."

© SZ vom 19.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: