"African Night" beim Flussfestival:Bezaubernde Paradiesvögel

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Akrobaten, Tänzer, Erzähler und Musiker nehmen die 600 Zuschauer mit auf eine Traumreise. Was macht da schon ein bisschen Regen aus.

Von Thekla Krausseneck, Wolfratshausen

Wenn Elliot die schöne Sängerin sieht, dann hat er Schmetterlinge im Bauch. Ihr Haar sei wie Ebenholz, ihre Haut wie Seide und ihre Augen leuchteten wie die der bunten Vögel Madagaskars, erzählt die Stimme aus dem Off. Leicht wie die Luft selbst wirbeln sie herbei: Dominik Halamek und Lina Hampel, beide mit Federn geschmückt und knallig bemalt, und gießen Elliots Gefühle in einen geschmeidigen Tanz. Während die Augen des Publikums - auch an diesem Sonntag hat das Flussfestival wieder 600 Besucher, die "African Night" ist ausverkauft - an den Paradiesvögeln hängen, die von einer Ballettfigur zur nächsten fließen, senkt sich ein Mobile vom Dach des markant geschnittenen Festivalzelts herab. Im nächsten Moment schweben Halamek und Hampel in den Himmel empor, verbiegen sich in perfekter Harmonie zu symmetrischen Figuren, die sich unablässig drehen und verwandeln, wie bei einem Kaleidoskop.

Für die "African Night" haben Halamek und der äthiopische Artist Solomon Solgit, der seit 2011 in Bad Tölz lebt, ein überwältigendes Künstlerpotenzial auf der schwimmenden Bühne in der Loisach versammelt. Dass es spektakulär werden würde, war zu erwarten, schließlich sind Halamek und Solgit zwei Größen der lokalen Kulturszene: Solgit begann seine künstlerische Karriere mit acht Jahren im Zirkus Nazareth; im vergangenen Jahr war er für sein lokales Engagement auch in der Jugendarbeit für den Tassilo-Preis der Süddeutschen Zeitung nominiert. Der Wolfratshauser Halamek gehört zur internationalen Akrobatikszene, seit er 13 Jahre alt war. Für ihre gemeinsame Show haben Halamek und Solgit Künstler aus Afrika, Hamburg, Stuttgart und München nach Wolfratshausen geholt: Darunter Elliot Lebogang Mohlamme, den in Pretoria geborenen Tänzer, der unter anderem in London ausgebildet wurde.

Elliot führt in der Geschichte, die Halameks Stimme über einen Lautsprecher dem Publikum erzählt, ein kleines Hotel. Dieses ist nicht so hübsch wie die modernen Wellnessanlagen in der Nachbarschaft, doch Elliot weiß von seinem Großvater: "Auf das Äußere kommt es nicht an, das ist nur eine vergängliche Verpackung." Zu den Stammgästen des Hotels zählt das Fotomodell Frau Goldbeering aus Kapstadt, gespielt von der Münchnerin Vanessa Sweekhorst. Die hübsche Blondine will nach dem Check-in immer erst mal ihre Ruhe haben, "um den Sonnengruß zu machen" - worüber sich Elliot wundert: "Vielleicht haben sie in Kapstadt keine Sonne."

Was mit einer noch vergleichsweise schlichten, wenn auch beeindruckenden Akrobatikeinlage von Sweekhorst und Solgit beginnt - balancierend, sich streckend und aufeinander stapelnd zeigen die beiden Künstler, was mit einer gewissen Körperbeherrschung alles möglich ist -, verbindet sich bald mit weiteren Acts zu einer wahren Traumreise. Issouf Touré Baraka trommelt das Publikum schwindelig, Lawrence Mensah stakst, einen Handstand auf Krücken machend, die Zuschauertribüne herab, Nonhlanhla Huber und Lennora Esi tanzen stampfend und mit Händen auf Stiefel schlagend - und Noma Nkwali singt mit dunkler, volltönender Stimme.

Noma, die schon als Siebenjährige mit Morgan Freeman vor der Kamera stand, verdreht Elliot in der Geschichte um das kleine Hotel den Kopf. Und allen anderen, die unter dem Festzelt an der Loisach sitzen. Während Noma "Helele" von Velile und dem Safri Duo singt - den Hit der in Südafrika ausgetragenen Fußball-Weltmeisterschaft von 2010 -, schwebt der Hotelbesitzer innerlich bereits verliebt davon, und kaum ist Noma von der Bühne, flattern die Schmetterlinge herein, und die Paradiesvögel Madagaskars nehmen ihren Tanz auf.

Zwischendurch gibt es wieder einen Wolkenbruch; der dritte Tag des Flussfestivals und der dritte Tag bei widrigen Wetterverhältnissen. Doch diesmal regnet es nicht um die Veranstaltung herum, wie bei Rainhard Fendrich und Max Uthoff. In der zweiten Hälfte nach der Pause prasselt der Regen auf die Zuschauer herab, die auf Stuhlreihen vor der Tribüne und daher nicht mehr unter dem Dach sitzen. Die Show geht trotzdem weiter. Weil sich kaum einer losreißen kann und deshalb fast niemand vor dem Regen flüchtet. Im Trockenen sitzen kann man später immer noch. Aber die African Night, die gibt es nur an diesem Abend zu sehen.

© SZ vom 11.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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