Immobilien:So extrem sind die Unterschiede auf dem Münchner Wohnungsmarkt

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In München ist Platz nach oben - sowohl bei Wohn- als auch bei Geschäftsgebäuden. (Foto: Florian Peljak)
  • Das Wohnen in den 25 Münchner Stadtbezirken ist sehr unterschiedlich.
  • Das Planungsreferat hat zum ersten Mal kleinräumige Strukturdaten für die Stadtbezirke erarbeitet und zusammengestellt.
  • Der Bericht soll künftig alle zwei Jahre erscheinen.

Von Anna Hoben

München ist nicht gleich München. Es gibt das innerstädtische München, wo so viele hinwollen, die in die Stadt ziehen, mit seinen gründerzeitlichen Straßenzügen und seinen hohen Mieten. Und es gibt das München am Rand, mit noch einigermaßen bezahlbaren Mieten und Vierteln, die man nicht unbedingt nennen würde, wenn es darum geht, was typisch für die bayerische Landeshauptstadt ist - obwohl so viele Münchner dort leben.

Allein der zahlenmäßig größte Bezirk Ramersdorf-Perlach bildet mit seinen mehr als 115 393 Einwohnern quasi eine eigene Großstadt. Würden sie alle im zahlenmäßig kleinsten Bezirk Altstadt-Lehel (22 501 Einwohner) übernachten, bräuchte man dort fünf Mal so viele Betten. Die Stadtverwaltung beobachtet den Wohnungsmarkt schon lange sehr genau. Nun hat das Planungsreferat zum ersten Mal kleinräumige Strukturdaten für die Stadtbezirke erarbeitet und zusammengestellt. Eine Art Vermessung der Stadt mit vielen interessanten und manchmal durchaus überraschenden Details, nicht nur für Statistik-Fans.

In dem Bericht finden sich Informationen über den Gebäude- und Wohnungsbestand ebenso wie Fakten über Haushaltsstrukturen und durchschnittliche Angebotsmieten. Zu jedem Bezirk gibt es einen Steckbrief mit Tabellen, Grafiken und Karten. Der Bericht soll künftig alle zwei Jahre erscheinen. Er ist auf der Internetseite des Planungsreferats abrufbar.

Fluktuation in der Maxvorstadt

Nirgendwo ist die Fluktuation so hoch wie in der Maxvorstadt: Nur 8,7 Jahre bleiben die Münchner hier im Durchschnitt in ihrer Wohnung, zoomt man weiter hinein in die einzelnen Viertel, sieht man Gegenden, in denen die Menschen weniger als sechs Jahre wohnen. Wirklich überraschend ist das nicht: In die Maxvorstadt zieht es viele Studenten, und ein Studium ist in der Regel in weniger als sechs Jahren beendet. Die Bevölkerung ist mit einem Altersdurchschnitt von 38,4 Jahren denn auch die jüngste im Stadtgebiet; und der Anteil an Einpersonenhaushalten ist am höchsten. Eher beständig sind die Bewohner im Vergleich zu den Innenstadtbezirken etwa in Aubing-Lochhausen-Langwied, Allach-Untermenzing und Feldmoching-Hasenbergl. 12,8 Jahre bleiben sie dort im Durchschnitt in ihren Wohnungen.

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München hat noch Luft nach oben. Die Daten der Stadt zeigen, wie hoch bisher in der Stadt gebaut worden ist. Das Ergebnis: In die Höhe bauen ist nicht gerade beliebt, und Trabantenstädte wie Neuperlach fallen in der Statistik kaum ins Gewicht. Den höchsten Anteil an einigermaßen hohen Häusern hat die Maxvorstadt, 14,5 Prozent ihrer 2535 Wohngebäude haben sieben oder mehr Geschosse; gefolgt von Schwabing-West (12,7) und Altstadt-Lehel (12,4). In Allach-Untermenzing gibt es dagegen nur sehr wenige Häuser, die mehr als sechs Stockwerke haben. Dafür sind dort (wie auch in Trudering-Riem und Aubing-Lochhausen-Langwied) drei von vier Gebäuden Ein- oder Zweifamilienhäuser. Auf der Schwanthalerhöhe sind es nur knapp drei Prozent; im Bezirk Altstadt-Lehel fällt jedes zwanzigste Haus in diese Kategorie.

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Bauboom im Westen

Im vergangenen Jahr sind in München insgesamt 8272 Wohnungen fertiggestellt worden. Das ist nah dran an der Zahl von 8500 Wohnungen, die sich die Stadt als Ziel gesetzt hat, um dem hohen Zuzug gerecht zu werden. In dem Jahr, auf das sich die Daten der Stadt beziehen, 2016, waren es fast genauso viele: 8072. Doch wo wird am meisten gebaut? Das lässt sich aus der Wohnungsmarktbeobachtung sehr genau herauslesen. Auf Platz eins liegt der Bezirk Pasing-Obermenzing, mit 728 fertiggestellten Wohnungen. Mehr als die Hälfte davon, 57,4 Prozent, fallen in die Kategorie Nachverdichtung, dort kam der für Planer so wichtige Paragraf 34 im Baugesetzbuch zur Anwendung ("Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile").

Der Rest ist nach Bebauungsplan entstanden. Platz zwei belegt Milbertshofen-Am Hart (641), Platz drei Schwabing-Freimann (624). Am wenigsten neue Wohnungen sind auf der Schwanthalerhöhe entstanden, nämlich gerade mal zwölf. Es folgen die Maxvorstadt (80) und Untergiesing-Harlaching (90). Den höchsten Anteil an alten Wohngebäuden (Baujahr vor 1949) hat mit 63,4 Prozent die Schwanthalerhöhe, gefolgt von Altstadt-Lehel (59,8), Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt und Au-Haidhausen (jeweils 58,7 Prozent). Die geringsten Anteile finden sich in Trudering Riem (8,8), Feldmoching-Hasenbergl (12,2) und Moosach (12,7).

Sozialwohnungen sind begehrt - und leider rar. 43 000 gibt es in München, davon kann das städtische Amt für Wohnen und Migration jedes Jahr ungefähr 3200 neu vergeben. Anträge auf eine Sozialwohnung gibt es allerdings fast acht Mal so viele; 24 000 waren es im Jahr 2016. Wer eine Berechtigung hat, kann sich über das Portal Sowon (Soziales Wohnen online) für eine geförderte Wohnung bewerben. Und wo stehen die meisten dieser günstigen Apartments? Spitzenreiter ist Milbertshofen-Am Hart, dort sind zwölf Prozent der Wohnungen Sozialwohnungen. Es folgen die Schwanthalerhöhe (11,3 Prozent) und Trudering-Riem (10,5). Am geringsten fällt der Anteil in den drei Innenstadtbezirken Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt, Maxvorstadt und Altstadt-Lehel aus, mit jeweils lediglich knapp über einem Prozent.

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Die Fläche, auf der sich die Menschen in den eigenen vier Wänden ausbreiten können, ist in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten stetig angestiegen. Hatte im Jahr 1991 jeder Einwohner 34,9 Quadratmeter zur Verfügung, waren es 2014 schon luxuriöse 46,5 Quadratmeter. So gesehen ist München eher Neunzigerjahre. Die Wohnfläche pro Kopf liegt hier zwischen 26,6 (Milbertshofen-Am Hart) und feudalen 44,8 Quadratmetern (Altstadt-Lehel); wer sich Münchens teuersten Wohnraum leisten kann, der kann sich davon auch viel leisten. In den meisten Bezirken sind es 32 bis 35 Quadratmeter. Beatrix Zurek, Vorsitzende des Mietervereins, hat einmal scherzhaft gesagt, das Problem mit dem knappen Wohnraum ließe sich ganz einfach lösen: indem jeder Münchner sich mit 20 Quadratmetern zufrieden gäbe.

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Münchens dichtestes Viertel ist Schwabing-West. Das bedeutet, dass nirgendwo mehr Menschen auf einer Fläche von einem Hektar wohnen als hier: In Schwabing-West sind es 164. Stünden sie tatsächlich alle auf diesem Hektar, hätte jeder von ihnen knapp 61 Quadratmeter Platz. Am meisten Freiraum gibt es mit nur 13 Einwohnern pro Hektar im westlichen Stadtbezirk Aubing-Lochhausen-Langwied, der nicht nur der flächenmäßig größte in München ist, sondern auch zu rund zwei Dritteln aus Landwirtschafts- und Grünflächen besteht. Ebenfalls luftig lebt es sich laut Statistik in Feldmoching-Hasenbergl (22 Einwohner pro Hektar) und Allach-Untermenzing (21). Die Bevölkerungsdichte ist aber nicht uneingeschränkt aussagekräftig, weil sie auch davon abhängt, wie die Grenzen eines Bezirks gezogen sind.

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Schutzgebiete für Mieter

Gute Ideen haben manchmal sperrige Namen. Die Zweckentfremdungssatzung ist ein Beispiel hierfür, sie besagt, dass Wohnraum nicht illegal vermietet werden darf, zum Beispiel an Touristen. Ein anderes Beispiel ist die Erhaltungssatzung, sie kommt in München seit 1987 zum Einsatz, soll Mieter vor Verdrängung und Gentrifizierung schützen und somit helfen, angestammte Milieus zu erhalten. Derzeit existieren 21 Erhaltungssatzungsgebiete, mit 147 000 Wohnungen, in denen rund 262 000 Einwohner leben. Die meisten liegen in zentralen Stadtbezirken. Hauseigentümer müssen dort geplante Modernisierungen, aber auch die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen von der Stadt genehmigen lassen. Die kann außerdem von einem Vorkaufsrecht Gebrauch machen.

Als Spitzenreiter führt die Schwanthalerhöhe in dieser Kategorie: Stolze 86,8 Prozent des Bezirks sind durch die Erhaltungssatzung geschützt. Mit relativ großem Abstand folgen Au-Haidhausen (59,8), Sendling (53,6), Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt (49,7) und Sendling-Westpark (48). In elf Stadtbezirken gilt nirgendwo die Erhaltungssatzung: Bogenhausen, Berg am Laim, Trudering-Riem, Ramersdorf-Perlach, Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürstenried-Solln, Moosach, Hadern, Feldmoching-Hasenbergl, Pasing-Obermenzing, Aubing-Lochhausen-Langwied und Allach-Untermenzing.

Die durchschnittliche Wiedervermietungsmiete bewegt sich in München zwischen 13,20 Euro pro Quadratmeter im Bezirk Aubing-Lochhausen-Langwied und 18,70 Euro im Bezirk Altstadt-Lehel. Die Erstbezugsmieten liegen noch mal ein ganzes Stück drüber: Satte 24,40 Euro sind es im Bezirk Altstadt-Lehel. Auch in dieser Kategorie liegt Aubing-Lochhausen-Langwied wieder am anderen, also unteren Ende der Skala. Mit 15,10 Euro sind auch die Mieten in Wohnungen, die zum ersten Mal bezogen werden, hier am niedrigsten. Untersuchungen zur Höhe der Mieten werden in regelmäßigen Abständen veröffentlicht. Häufig kritisiert wird der Mietspiegel - weil nur Neuvermietungen einfließen und solche Mieten, die in den jeweils vergangenen vier Jahren verändert worden sind. Damit sei er de facto ein "Mieterhöhungsspiegel", sagte OB Dieter Reiter (SPD) vor Kurzem - und forderte die Koalitionäre in Berlin auf, künftig auch ältere Bestandsmieten im Mietspiegel zuzulassen sowie jene von geförderten Wohnungen und Genossenschaftswohnungen. Reiter glaubt, dass so die Mieten im Mietspiegel nicht unwesentlich sinken würden.

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© SZ vom 01.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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