Wirtschaft:Mitarbeiter bei BMW: Nicht nur aus Freude am Fahren

Der Autobauer ist nicht nur Münchens größter Arbeitgeber, sondern auch einer der beliebtesten in Deutschland. Sechs von 40 000 Mitarbeiter erklären, warum.

Von Martin Hammer und Günther Knoll

Der Sammler

1 / 6
(Foto: N/A)

Fred Jakobs leitet das Gedächtnis des Unternehmens. Zweieinhalb Kilometer Akten gehören zum Archiv der BMW Group, 40 000 Druckschriften, 200 000 Fotos und vor allem 1200 Automobile und Motorräder. Mit ein paar Ausnahmen alle Modelle, die BMW je gebaut hat. Wenn sie nicht an Museen verliehen oder bei Oldtimer-Fahrten im Einsatz sind, stehen sie in einem Depot, das sich Oldtimer-Fans wohl als Paradies vorstellen dürfen. Wo genau das ist, wird jedoch geheim gehalten. Aber Jakobs, der 1998 zum Unternehmen kam, hat auch noch andere, nicht ganz so wertvolle Schätze auf Lager. Alte Rennfahrerhelme, Trophäen - und natürlich Kochtöpfe. Die produzierte BMW nach dem Krieg, und einige davon seien in den Haushalten ehemaliger Mitarbeiter auch immer noch in Verwendung, weiß Jakobs. Und was passiert mit all den Akten, die sich bei einem hundertjährigen Unternehmen ansammeln? Jakobs und seine neun Mitarbeiter unterstützen Wissenschaftler mit Material, etwa wenn es um die Erforschung der Rolle BMWs in der NS-Zeit geht, oder sie geben Oldtimer-Besitzern Auskunft über die Herkunft ihrer Autos. Zum Bestand des Archivs zählen nämlich auch die Auslieferungsunterlagen seit dem ersten Motorradverkauf im Jahr 1923.

Der Versorger

2 / 6
(Foto: Stephan Rumpf)

Jeden Mittag stehen Tausende BMW-Mitarbeiter vor der Ampel. Grün, gelb oder doch orange? Gutes Gewissen oder deftige Kost? Alle Gerichte in den Münchner Kantinen sind mit einer Farbkennzeichnung versehen, grün ist gesund, orange eher nicht, und "rotes" Essen wollen Werner Gosch und seine knapp 300 Mitarbeiter den Kollegen erst gar nicht zumuten. Seit 2002 ist der 48-Jährige verantwortlich für die Münchner Gastronomie im Unternehmen: 22 Kantinen, bis zu 25 000 Essen pro Tag, rund zehn Tonnen Nahrungsmittel werden täglich verarbeitet. Jede Kantine hat dabei ihre eigene Küche, denn die Ansprüche der Kollegen sind ganz unterschiedlich. "Das ist die große Herausforderung", sagt der gelernte Koch, der heute als Manager den Betrieb leitet. Im Hochhaus mit den Verwaltungsmitarbeitern sei man ziemlich "grün unterwegs", im Stammwerk sehe der Speiseplan eher deftiger aus. Dort gibt es auch einen eigenen Dönerstand, der pro Tag 300 Portionen ausgibt. "Man darf die Currywurst nicht verteufeln", sagt Gosch, aber das "Grüne" liegt ihm doch sehr am Herzen. Sein Projekt für 2016 lautet: Auch die Getränke sollen bald eine Farbkennzeichnung bekommen.

Der Vertreter

3 / 6
(Foto: Robert Haas)

Für Erdal Yildirim hat sich die Beharrlichkeit ausgezahlt: Als er 1981 frisch verheiratet von Frankfurt nach München zog, sei er zuerst drei Mal abgeblitzt bei BMW auf der Suche nach einer Arbeitsstelle. "Beim vierten Mal hab' ich dann Glück gehabt". Inzwischen ist der 54-Jährige schon länger als 35 Jahre im Stammwerk, davon 18 Jahre als freigestellter Betriebsrat. Bis 2015 war er in der Lackiererei, jetzt im Motorbau. Er kenne inzwischen sicher die Hälfte der fast 8000 Mitarbeiter in München, "aber noch mehr kennen mich", sagt Yildirim stolz. Mit Stolz erfüllt es den "Gewerkschafter mit Leib und Seele" nach eigenen Aussagen auch, dass die Arbeit des Betriebsrats in dem Unternehmen gewürdigt werde im Gegensatz zu manch anderen Firmen. Die Arbeit in der Produktion sei einfacher als die mit Menschen, hat er erfahren, denn in der Regel kämen Kollegen dann zu ihm als Betrie bsrat, wenn sie Probleme mit anderen Kollegen hätten, oft natürlich mit Vorgesetzten. Und da gelte es dann, gerechte Lösungen zu finden. "Aber jeden kann man nicht zufriedenstellen", weiß Yildirim. Offenbar aber doch viele, denn Erdal Yildirim wird jedes Mal wieder gewählt als Betriebsrat, man kennt ihn eben.

Der Lehrling

4 / 6
(Foto: Robert Haas)

Marius Körlin ist noch neu bei BMW, er steckt gerade im ersten Ausbildungsjahr als Mechatroniker. Nicht als Kfz-Mechatroniker? Nein, die würden draußen in den Niederlassungen gebraucht, hier im Stammwerk gehe es um die Maschinen und Roboter in der Produktion, erklärt der selbstbewusste junge Mann. Wenn am 7. März der BMW-Konzern sein hundertjähriges Bestehen feiert, wird der Azubi aus Zorneding im Landkreis Ebersberg 19 Jahre alt. Für ihn sei klar gewesen, nach dem Abitur erst einmal eine Ausbildung zu absolvieren, seine Freundin habe das genauso gemacht, sagt er. Nur eine einzige Bewerbung habe er geschrieben, die für BMW, und das habe sofort geklappt. Bereut habe er das bisher noch keine Minute. "Die Ausbilder sind toll, es wird sehr viel Wert auf den Einzelnen gelegt", er sei wie die 72 anderen seiner Kollegen in der Ausbildung "nicht nur eine Zahl". Im ersten Ausbildungsjahr gehe es derzeit für ihn erst einmal darum, das Grundsätzliche zu lernen. Was er später im Unternehmen machen will? "Erst mal sehen", sagt er. Doch die Roboter in der Lackiererei findet er "sehr spannend".

Der Entwickler

5 / 6
(Foto: Stephan Rumpf)

Irgendwann entscheidet das "Popometer". Natürlich werde bei den Testfahrten zur Abstimmung des Fahrwerks eines neuen Modells sehr viel aufwendige Messtechnik eingesetzt, sagt Christian Billig, aber am Ende sind es eine Handvoll Leute, die "mit dem Hintern spüren" und sagen: Jetzt passt es, so soll sich das Auto anfühlen. Billig leitet seit einem Jahr bei BMW die 250-köpfige Entwicklungsmannschaft Fahrdynamik, die das, was Konzeptentwickler und Konstrukteure ausgetüftelt haben, im Auto aufeinander abstimmen und optimieren. "Wir sind die Fraktion, die für die Freude am Fahren zuständig ist", sagt Billig mit hörbarem Stolz. Seinen Schreibtisch hat der 45-jährige Elektrotechnik-Ingenieur zwar im Forschungszentrum FIZ im Münchner Norden, doch 50 Prozent seiner Arbeitszeit verbringt er im Ausland, auf den unterschiedlichsten Teststrecken, am Polarkreis, in den USA oder im südfranzösischen Miramas. "Im Moment ist die Hälfte unserer Leute in Schweden bei den Wintertests", sagt Billig. Die finale Abstimmung für den neuen 5er-BMW, der bald auf den Markt kommen soll.

Die Optimiererin

6 / 6
(Foto: Robert Haas)

Ungewöhnlich? Ja, sagt Miriam Bayer, das sei ihr beruflicher Werdegang schon, aber doch irgendwie auch typisch für das Unternehmen. Denn die junge Frau aus Regensburg hat zuerst ihr Studium der Diplompädagogik abgeschlossen, ehe sie zu BMW kam. 13 Jahre lang arbeitete sie im Regensburger Werk, zuerst in der betrieblichen Weiterbildung. Nach und nach jedoch habe sie in Schulungen und Kursen vieles im Bereich Technik nachgeholt. Seit knapp einem Jahr ist sie nun Gruppenleiterin im Qualitätsmanagement für Montage im Stammwerk. Ungewöhnlich ist es auch, in der Produktion unter lauter Männern eine zierliche Frau im blauen Arbeitsmantel zu sehen. Für Miriam Bayer ist das aber offensichtlich kein Problem: Gefragt in ihrem Job seien Führungsqualitäten, für die Technik gebe es Spezialisten in ihrer Gruppe, "lauter Ingenieure", sagt sie selbstbewusst. Und ihren Ehrgeiz verhehlt sie auch nicht: Das Unternehmen biete "so vielfältige Möglichkeiten", deshalb werde der jetzige Job auch "sicher nicht mein letzter sein". Unter der Woche lebt Miriam Bayer in München, am Wochenende aber fährt sie heim zu ihrem Mann nach Regensburg.

© SZ vom 04.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: