Wiesn-Essen im Test:Oans, zwoa, abgfieselt

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Wiesn-Geheimtipp: der Wagyu-Burger im Hippodrom. (Foto: Stephan Rumpf)

Wagyu-Burger im Breznweckerl und veganes Frikassee: Kulinarisch hat sich auf dem Oktoberfest einiges geändert. Die Wirte sind qualitätsbewusster geworden, was sich auch in den Preisen niederschlägt. Ein Test-Essen.

Von Marcelinus Sturm

Wer das Oktoberfest besucht, denkt nicht in erster Linie ans Essen. Sondern - sofern er nicht von Kindern begleitet wird - eher ans Trinken. Irgendwie muss dieses Volksfest ja schließlich auf seinen jährlichen Gesamtausstoß von sechs Millionen Maß Bier kommen. Den Speisen wird im wesentlichen die Funktion der "Grundlage" eingeräumt, die nach Möglichkeit auch noch scharf gewürzt sein sollte, um den Durst zu steigern. Als ideale Kombination hat sich jene aus Wiesnbier und Brathendl erwiesen - selbst wenn manche, die über den Durst trinken, beides schon auf dem Heimweg wieder verlieren.

Diese Geringschätzung der Speise auf der Wiesn ist jedoch unbegründet. Die Zeiten sind nämlich lange vorbei, in denen man sich mit einem mehr oder weniger reschen Hendl begnügen musste, bevor es hieß: "Die Krügäää hoch!" Die Hendl sind inzwischen in allen Zelten annähernd gleich gut, und erfreulicherweise wächst auch das Angebot an Bio-Hühnerfleisch, das zwar doppelt so teuer, dafür aber nicht aus Qualzucht stammt und allein deshalb jedem fühlenden Menschen viel besser schmecken dürfte als die herkömmlichen Hendl aus der industriellen Mastanlage.

Zehn Gebote zum Oktoberfest
:Du sollst keinen Maßkrug stehlen

Und der Herr sprach: Gedenke, du Volk von München, dass du die Wiesn ehren und dich keines noch so windigen Vergehens schuldig machen sollst. Um dir die 16 Tage Exerzitien zu erleichtern, lege ich dir folgende Worte an dein sündiges Herz. Die zehn Wiesn-Gebote.

Von Beate Wild

Marcelinus Sturm war nun auf der Suche nach den etwas anderen kulinarischen Erlebnissen auf der Wiesn, und er hoffte, in Käfers Wiesn-Schänke fündig zu werden. Schließlich hat der Feinschmeckerkönig extra zum Fest ein paar neue Gerichte von seinem Küchenchef Andreas Schinharl kreieren lassen. Sturm hielt die "gespickte Rehkeule vom Gutshof Polting mit böhmischem Knödel, Pfifferlingen und Wurzelgemüse" (31,50 Euro) eines Versuches für würdig, war dann aber ziemlich enttäuscht: Die Keule war an diesem Tag zu trocken und faserig, der böhmische Knödel stand unter dem Verdacht, abgebräunt worden zu sein, dafür waren die Pfifferlinge etwas labbrig, fast als handele es sich um Trockenware, die in heißem Wasser wieder zum Leben erweckt worden war. Es war an diesem Freitag zwar schon etwas später am Mittag, aber für den stolzen Preis hätte man sich bei einem Zelt mit diesem Ruf mehr erwarten dürfen.

Modetrend Wagyu-Burger

Apropos stolze Preise: In dieser Hinsicht ist man im Weinzelt sicher auch richtig. Warum man für eine Halbe Spezi oder auch eine Halbe ordinären Paulaner-Weißbiers sieben beziehungsweise 7,50 Euro verlangen darf, wird wohl ewig das Geheimnis der Wirtsfamilie Kuffler bleiben.

Man ist aber schnell wieder damit versöhnt, wenn man etwa das Wiener Schnitzel (29,50) bestellt. Es ist angemessen flach und butterzart, wie es die Karte verspricht, das Fleisch noch saftig, die Panade wellig und ersichtlich nicht aus Nullachtfünfzehn-Semmelbröseln bestehend. Perfekt auch der Kartoffel-Gurken-Salat mit Spuren von Kernöl, was bei dessen dominantem Geschmack sehr angemessen ist - mehr wäre zu viel.

Was die Panade angeht: Unter Köchen sagt man ja, man verwende sie vor allem dann, wenn man etwas zu verbergen habe. Das war beim Tagesgericht in der Fischer-Vroni, dem überbackenen Barschfilet mit Zwiebelrelish, Grillgemüse und Petersilienkartoffeln (10,50) dann zwar nicht der Fall, der Fisch war durchaus sehr in Ordnung. Unerfreulich jedoch das Relish wegen des starken Essiggeschmacks, der den des Fisches penetrant überdeckte. Fazit: In der Fischer-Vroni bleiben wir dann doch beim Klassiker, dem Steckerlfisch, der ist nach wie vor unübertroffen.

Schräg gegenüber, beim Hippodrom, probierte Sturm dann einen Geheimtipp: den Wagyu-Burger im Breznweckerl (7,50) aus der eigenen Rinderzucht von Wirt Sepp Krätz. Und fürwahr: Gerade in München, wo der Burger in allen Variationen gerade ein gastronomischer Modetrend ist, dürfte das Krätzsche 150-Gramm-Fleischpflanzerl auf der Geschmacksskala ganz oben anzusiedeln sein. Der hohe Fettanteil im Fleisch der Wagyu-Rinder macht den Burger ganz besonders saftig.

Und weil wir gerade bei Trends sind: Nachdem Vegetarier auf der Wiesn bislang ausschließlich mit Kässpatzen abgespeist wurden, denkt man plötzlich sogar an Veganer, die weder Fleisch noch Milch oder Eier essen. In der Hendlbraterei Ammer etwa gibt es ein veganes Frikassee (13,50) mit Sojaschnitzeln, und auf der Oidn Wiesn kann man im Herzkasperlzelt nach der Kürbiscremesuppe (5,50) als Hauptspeise Sojamedaillons mit Spätzle und Pfifferlingen (18) verzehren. Letztere waren ein Gedicht und ließen auch einen alten Fleischliebhaber wie Sturm wirklich nichts vermissen. Diese Entwicklung ist also sehr zu begrüßen. Jedenfalls, solange Christian Udes Nachfolger/in nicht dazu übergeht, beim Wiesnanstich ein Fass Mineralwasser anzuzapfen.

© SZ vom 02.10.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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