Freitagmittag im Stadtmuseum. Im großen Saal hat sich ein Dutzend Fotografen postiert. Gebannt starren alle auf eine Staffelei, die mit einem schwarz-goldenen Tuch verhüllt ist. Was hier wohl gleich Spannendes zu sehen sein wird? Kurt Kapp, kommissarischer Leiter des Wirtschaftsreferats, lüftet das Tuch. Darunter zum Vorschein kommt, tada, das neue Oktoberfestplakat! Die Kameras blitzen.
Manch einer mag da einwenden: Ist das Oktoberfest nicht gerade erst vorbei? Stolze 230 Tage sind es noch bis zum Anstich im September, aber das für die Wiesn zuständige Wirtschaftsreferat stellt das Plakat traditionell schon im Februar vor. Meistens kommen die Siegerentwürfe quietschbunt und verspielt daher. Und so ist das diesjährige Motiv doch eine Überraschung: klar, strukturiert und in nur drei Farben gehalten: blau, pink und weiß. Die typischen Oktoberfest-Insignien - Bierkrug, Bavaria, Breze - finden sich als überlappende Symbole. "So eine Art der Darstellung gab es noch nie", schwärmt Josef Thaler, Vorsitzender der Jury. "Ein moderner Entwurf, der dem Zeitgeist entspricht." Würde man letztere Aussage ins Gegenteil verkehren, hieße das in Bezug auf die letztjährigen Plakate... nun ja.
Heuer kommt der Siegerentwurf mal wieder aus München, nachdem der erste Platz in den vergangenen Jahren nach Osnabrück (2018) und Nürnberg (2017) ging. Er stammt aus der Feder von Mirjam Mößmer, 44 Jahre alt, selbständige Kommunikationsdesignerin. Fast hätte sie es versäumt, ihr Motiv im November rechtzeitig einzureichen. Am letzten Abend wollte Mößmer ihren Entwurf online hochladen, als auf dem Bildschirm der Hinweis erschien, der Wettbewerb sei leider schon vorbei. "Ich hatte aber gelesen, dass es bis Mitternacht geht, also habe ich eine E-Mail hingeschrieben." Ihr Glück, denn als Antwort kam, dass es einen Programmierfehler gegeben hatte.
194 Entwürfe hatten die Stadt erreicht, nach einer Vorauswahl - einige Designs entsprachen nicht den Vorgaben - schafften es 52 ins Publikumsvoting. Seit drei Jahren lässt die Stadt die Bürger mitentscheiden, zumindest ein bisschen. Auf muenchen.de konnte jeder für seinen Lieblingsentwurf stimmen. Aus den beliebtesten 30 wählte dann eine Jury, in der unter anderem die Sprecher der Wiesnwirte saßen, den Sieger. Mirjam Mößmer möchte das Preisgeld, 2500 Euro, in eine Fortbildung investieren. Zur Wiesn geht sie auch immer gern - dafür sollte noch genug Geld übrig bleiben. Dort kann sie sich dann ein Feuerzeug oder einen Bierkrug mit ihrem Motiv kaufen. Oder die Plakate zählen, die überall auf dem Festgelände hängen werden.