Nachruf auf Werner Rieder:Wohltätiger Doktor multiplex

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Der Münchner Anwalt, Unternehmer und Mäzen ist im Alter von 78 Jahren gestorben.

Von Christine Dössel, München

Es gibt Menschen, die sind sehr erfolgreich in der Wirtschaft oder Juristerei tätig, ihr Herz aber schlägt für Kunst und Kultur. Der Münchner Rechtsanwalt, Unternehmer und Mäzen Werner Rieder war so jemand. Geboren am 8. Mai 1943 in München, studierte er an der LMU Rechts- und Politikwissenschaft und schloss beide Studiengänge mit einer Promotion ab (Dr. jur und Dr. rer. pol. in Finanzpolitik). Dazu kam aus Leidenschaft noch ein Studium der Theaterwissenschaft. Auch in diesem Fach promovierte er (Dr. phil), weshalb Rieder den schönen Titel "Dr. mult." trug. Der vielseitige Doktor multiplex, der auch im Hotelbereich unternehmerisch tätig war, ließ sich mit einer Kanzlei nieder - und lebte seine Liebe zum Theater auf andere Weise aus: indem er 1989 den in München ansässigen Drei Masken Verlag erwarb, dessen alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er bis zuletzt war. Daneben war Rieder mit Leib und Seele Sozialdemokrat und als Mitglied der bayerischen SPD viele Jahre lang ein tatkräftiger Unterstützer im Wahlkampf.

Der Drei Masken Verlag ist einer der ältesten deutschen Theaterverlage. Gegründet 1910 von dem jüdischen Komponisten Ludwig Friedmann als Bühnen- und Musikverlag, später auch Buchverlag, hatte das Unternehmen bis zu seiner Liquidierung durch die Nazis in den Dreißigerjahren namhafte Autoren wie Lion Feuchtwanger, Bertolt Brecht und Oskar Maria Graf unter Vertrag; sein Standort wechselte damals zwischen München und Berlin. 1951 kehrte der Bühnenvertrieb zurück nach München. Der Drei Masken Verlag war lange Zeit der einzige Vertreter der Werke Frank Wedekinds und hatte eine starke sozialistische Ausrichtung, daher eine enge Verbindung zu Autoren der DDR wie Peter Hacks oder Wolfgang Kohlhaase, aber auch zu russischen und slawischen Autoren. Als Werner Rieder den Verlag 1989 kaufte, habe er sich damit einen Jugendtraum erfüllt, sagt der seit 2016 amtierende Verlagsleiter Dirk Olaf Hanke. Zuvor, 1981, hatte er gemeinsam mit seiner Frau Edith die Galerie Rieder in der Maximilianstraße gegründet.

Bekannt war Rieder in der lokalen Theaterszene durch den "Münchner Förderpreis für deutschsprachige Dramatik", den sein Verlag seit 2009 alle zwei Jahre zusammen mit dem Kulturreferat und den Kammerspielen vergibt, zuletzt im vergangenen Jahr. Das Preisgeld in Höhe von insgesamt 15 000 Euro stammt aus der Edith und Werner Rieder Stiftung. Mit dieser Stiftung finanziert das kinderlose Ehepaar ein breit gefächertes kulturelles und soziales Engagement. Dazu gehört die Unterstützung krebskranker Kinder und deren Familien ebenso wie etwa die Sanierung der Dreifaltigkeitskapelle in Sonthofen, wo Rieder Chef des Hotels "Allgäu Stern" war. Wie sein Verlag nun mitteilte, ist der umtriebige "Dr. mult." am 22. Januar in München gestorben. Er wurde 78 Jahre alt.

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