Weihnachts-Macher:Zaubern wie die Engel

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Stoffe und schöne Sachen sind eine Leidenschaft der Kunstpädagogin und Textildesignerin Marion Hollmann. (Foto: Catherina Hess)

Marion Hollmann entzückt Kinder täglich in der Himmelswerkstatt

Von Anita Naujokat

Golddurchwirkte und weiße Schürzchen und Mädchenkleider jeglicher Couleur hängen an der Garderobe am Eingang hinter der schweren Holztür, die in die "Himmelswerkstatt" im Rathaus führt. Dazu liegen engelsleichte Flügelchen, Heiligenscheine, Bänder aus Perlen und Silbersternen bereit. Die Buben können in Samtwesten mit goldenen Bordüren und unter Mützen schlüpfen - alles angefertigt von Marion Hollmann . Stoffe und schöne Sachen sind eine Leidenschaft der Kunstpädagogin und Textildesignerin, die seit Anbeginn vor 24 Jahren mit der von ihr ausgestalteten Himmelswerkstatt nicht nur die Kinder verzaubert.

Die Augen können sich kaum sattsehen an der Vielfalt der Farben und Formen im Raum: hier Federkiele und Walnusstinte, mit denen Kinder auf Holzschreibständern Briefe ans Christkind, die Oma oder in Geheimschrift verfassen, dort Porzellanstückchen für Mosaikarbeiten, getrocknete Blüten und Tannenzapfen in sternförmigen Kästen, Bänder, Garne, Dosen, Hölzer, Stifte, Malkästen. Eulen blicken mit großen Augen vom Drucktisch, glitzernde und weiße Stoffbahnen säumen Leuchter und Türrahmen. Einzig die Flügelreparatur ist an diesem Tag verwaist, die Engelsschwingen scheinen noch intakt zu sein.

Die himmlische Kleiderordnung ist für die 55-Jährige und die anderen Künstler ein wichtiger Bestandteil ihrer Werkstatt. Mit dem Ablegen der Jacken und der Verkleidung als Engel sollen die Kinder Alltagsrummel ablegen und in eine gelöste Stimmung gleiten können, in der Zeit keine Rolle mehr spielt und sie noch bis 16. Dezember selbstvergessen werkeln können. "Wir wollen in allem das Gegenteil der Schnelllebigkeit", sagt Marion Hollmann.

Ein Effekt, den die Mutter einer erwachsenen Tochter nur zu gut von sich selbst kennt. "Ich bin ein eher hektischer Mensch", sagt sie, "aber wenn ich einen Stoff zwischen den Händen habe, werde ich ganz ruhig und entspannt". Doch wie verwandelt man die nüchterne Ratstrinkstube in eine himmlische Werkstatt, mit so viel stimmigen Details und behält dabei noch den Überblick? Sie habe ein besonderes Gedächtnis für Dinge und könne sie schon im Kopf zusammenfügen, sagt Marion Hollmann. "Und das Schlimme beim Aufstöbern der Sachen ist: Ich suche sie nicht, ich finde sie einfach." Auch das ist himmlisch.

Bis Heiligabend stellt die Stadtviertel-Redaktion täglich Menschen vor, die Weihnachtsstimmung verbreiten. In der Wochenendausgabe lesen Sie: Glasbläser Frank Liebmann.

© SZ vom 01.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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