Wegweiser:Stadt testet Leitsystem für Fußgänger - mit ziemlich vielen Fehlern

Lesezeit: 2 min

Zwei Stelen stehen testweise am Rand des Viktualienmarkts. (Foto: Alessandra Schellnegger)
  • Am Viktualienmarkt stehen seit diesem Dienstag zwei Testsäulen, die als Orientierungssystem für Touristen und Passanten in der Altstadt dienen sollen.
  • Nach der Testphase soll sich der Stadtrat für eine der beiden Entwürfe entscheiden.
  • Die Säulen werden mit Digitalangeboten wie Audiofunktionen für Sehbehinderte und Infotexten in einfacher Sprache ausgestattet sein.

Von Thomas Anlauf

Wien hat eines, Hamburg auch, Freiburg selbstverständlich und sogar Bautzen im Osten Sachsens hat längst ein Leitsystem für Fußgänger. Und München? Seit Dienstag stehen zwei Stelen am Rand des Viktualienmarkts, darauf steht "Entwurfsstelen" geschrieben, was Vorläufiges eben.

Wirtschaftsreferent und Bürgermeister Josef Schmid (CSU) lehnt lässig an einer der Infosäulen, lächelt in die Pressekameras und sagt: "endlich." Denn die zwei Stelen sind nun endlich ein sichtbarer Beweis dafür, dass sich auch München zu einem Orientierungssystem für Touristen und Passanten in der Altstadt durchgerungen hat.

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Die Testsäulen werden allerdings nur zwei Wochen lang nahe dem Karl-Valentin-Brunnen stehen und Fußgängern den Weg leuchten (denn sie leuchten tatsächlich, was man aber im Hellen nicht sieht). Während dieser Phase sollen gezielt Passanten befragt werden, welche der beiden "Entwurfsstelen" sie besser finden.

Auch Behinderten- und Seniorenbeirat dürfen noch Stellungnahmen abgeben. Nach der Sommerpause im Rathaus soll sich dann der Stadtrat für eine der beiden vorab ausgewählten Entwürfe entscheiden.

Audiofunktionen für Sehbehinderte und Infotexte in einfacher Sprache

Kaum sind die beiden Orientierungssäulen am Dienstagmittag enthüllt, stehen bereits Passanten davor, um nach Zielen in der näheren Umgebung zu suchen. Die beiden ziemlich unterschiedlich gestalteten Stelen - eine ist weiß gehalten, die andere glänzend schwarz mit einem grauen Betonsockel - zeigen beidseitig Pläne der Altstadt mit dem Viktualienmarkt im Mittelpunkt.

Es sind nicht nur die Straßen eingezeichnet, sondern auch Sehenswürdigkeiten, Haltestellen, Polizeidienststellen und Postfilialen. Kreise auf den Karten zeigen, wie weit der Fußgänger in fünf, acht oder zehn Minuten vom Standort aus kommt: Nach Angaben der weißen Stele ist er in fünf Minuten am Marienhof hinterm Rathaus, laut der schwarzen erst in acht Minuten.

Passanten werden nun befragt, welches Modell sie besser finden: das weiße oder das schwarze? (Foto: Alessandra Schellnegger)

Künftig werden die Info-Stelen auch frei verfügbares Wlan haben, außerdem Audiofunktionen für Sehbehinderte sowie Informationstexte in einfacher Sprache. Bislang funktionieren diese Digitalangebote noch nicht. "Die beiden Entwürfe sind trotz ihres technischen Reifegrads in dieser Phase der Vorstellung noch als Provisorien zu sehen", sagt das Wirtschaftsreferat.

Stelen werden wohl erst Ende kommenden Jahres aufgestellt sein

Es geht also wohl um den ersten Eindruck, den die beiden Testsäulen auf die Passanten machen sollen. Denn wer genauer hinsieht, findet zumindest auf einer der Stelen ziemlich viele Flüchtigkeitsfehler. So ist dort zum Beispiel von der "Müllertraße", der "Klenzstraße" und der "Reichsbachstraße" die Rede. Mitten auf dem Jakobsplatz ist das Filmmuseum eingezeichnet, allerdings müsste das eigentlich die markante Ohel-Jakob-Synagoge sein, die Betrachter auf dem vorläufigen Plan vergeblich suchen.

Aber mal abgesehen von den Fehlern, die sicherlich noch ausgebessert werden, findet Schmid das Fußgänger-Orientierungssystem "absolut auf der Höhe der Zeit". Das "lange Ringen" um ein Leitsystem gehe auf einen CSU-Antrag "wohl noch vor der Jahrtausendwende" zurück. Aber erst im Juli 2014 beschloss der Stadtrat, nun auch ernst zu machen mit den Orientierungstafeln.

Doch bis die 15 bis 20 Stelen an markanten Orten in der Altstadt stehen werden, dauert es noch: Schmid rechnet damit, dass sie erst Ende kommenden Jahres aufgestellt sind. Sie sollen dann aber auch auf Orte verweisen, die nicht mehr in der Altstadt liegen, etwa das Kunstareal.

Dort wurde ebenfalls ein Leitsystem für Fußgänger entwickelt, das sich jedoch von den beiden am Viktualienmarkt aufgestellten Modellen deutlich unterscheiden soll. Bis zum Sommer sollen an 21 Orten im Museumsviertel der Maxvorstadt ebenfalls Wegweiser-Stelen entstehen, allerdings jeweils mit Sitzgelegenheiten und möglichst weithin erkennbarem schwarz-weißen Design.

Die Stelen am Viktualienmarkt zumindest scheinen überfällig gewesen zu sein. Während Wirtschaftsreferent Schmid am Dienstag noch eine der Säulen erläutert, betrachtet ein älterer Mann interessiert die Infotafel. Als Schmid ihn fragt, ob er helfen könne, sagt der: Er lebe ja schon lange in München, "aber den Valentin-Brunnen hab' ich noch nicht gefunden". Auf dem Altstadtplan ist der leider auch nicht eingezeichnet. Aber dafür ist ja der Bürgermeister da: Er zeigt dem Wahlmünchner einfach den Weg.

© SZ vom 06.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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