Innenstadt:Wie die Fußgängerzone schöner wird

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  • In der Fußgängerzone zwischen Marienplatz und Stachus gibt es von nun an 256 Sitzplätze - vorher waren es nur 90.
  • Zudem kommen sechs weitere Blumenkübel in die Innenstadt.
  • 700 Euro kostet so ein Pflanzgefäß, 400 Euro ein Stuhl.

Von Andreas Schubert

Kaum hatten sie auf dem Marienplatz die neuen Stühle aufgestellt, schon waren sie auch alle von Passanten besetzt. Immerhin fand Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter noch ein Plätzchen, um im strahlenden Sonnenschein und mit strahlendem Lächeln darauf für die Fotografen zu posieren. Danach lächelten er und Baureferentin Rosemarie Hingerl noch neben einem Blumenkübel mit blühenden Primeln in die Kameras.

Ist ja auch immer ein schöner Termin, wenn man als Vertreter der Stadt sagen darf: Mensch, jetzt wird München noch schöner, als es eh schon ist. Und die Fußgängerzone, diese von Ästheten viel gescholtene Einkaufsmeile, soll nun endlich ein bisschen mehr Aufenthaltsqualität bekommen.

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Wer sich bislang in der Fußgängerzone irgendwo hinsetzen wollte, hatte wenig Auswahl. Gerade einmal 90 öffentliche Stühle standen den zirka 13 000 Passanten zur Verfügung, die sich durch die Neuhauser- und Kaufingerstraße quetschen - pro Stunde, wohlgemerkt.

Die meisten Sitzgelegenheiten fanden sich am Richard-Strauss-Brunnen vor der Alten Akademie - aber am Marienplatz, am Stachus und den 750 Metern Fußweg dazwischen gab es außer den Betonumrandungen der Bäume nichts weiter, um sich niederzulassen. Gerade älteren Menschen, die nicht so gut zu Fuß sind, blieb daher oft nichts anderes übrig, als sich in eines der vielen Innenstadtlokale zurückzuziehen, um sich auszuruhen. Aber sich jedesmal etwas bestellen zu müssen, geht dann doch ins Geld.

Nicht mehr als 100 Meter zwischen den Sitzgelegenheiten

Von jetzt an gibt es zwischen Marienplatz und Stachus insgesamt 256 Sitzplätze, darunter 192 graue und wetterfeste Metallstühle vom bekannten Modell "München", das es seit der 850-Jahr-Feier 2008 gibt. Diese Stühle sind eigens mit dem Seniorenbeirat abgestimmt, damit sie auch für ältere Menschen halbwegs bequem sind.

Zusätzlich zu den Stühlen gibt es noch sechs Rundbänke mit acht bis zwölf Sitzen, die um bestehende Bäume aufgestellt werden. Wichtig war der Stadt, dass zwischen den Sitzgelegenheiten nicht mehr als 100 Meter liegen und somit auch "in ihrer Mobilität eingeschränkte Menschen" - so die Prämisse - die Fußgängerzone leichter durchqueren können.

Dazu hat der OB auch eine Geschichte parat: Seine Mutter habe ihm wiederholt gesagt, dass man sich nirgendwo hinsetzen könne. Und einer 85-Jährigen einen solchen Wunsch ausschlagen? Nicht mit Dieter Reiter, der sich an diesem Donnerstagvormittag besonders zu freuen scheint, dass es zur Stund' nichts Wichtigeres gibt, als Interviews über vandalismussichere, rückenfreundliche Metallstühle zu geben ("die sind bequemer, als sie aussehen") und es dabei zu bedauern, dass er leider nicht öfter darauf sitzen könne, weil seine Pause ja sonst in eine Bürgersprechstunde ausarte. Und Baureferentin Hingerl scheint in ihrem Element zu sein, als sie erklärt, dass in den 15 neuen Pflanztrögen am Marienplatz etwa 150 Blumenzwiebeln darauf warten, sprießen zu dürfen.

Dazu kommen noch sechs weitere Blumenkübel in der Fußgängerzone. Große Kunst darf man dabei allerdings nicht erwarten: Aus den Siebzigerjahre-Trögen in Schraubenmutterform sind nun runde Metalltröge geworden. Dass die 1972 eingerichtete und seither weitgehend unveränderte Fußgängerzone nun Preise für Gestaltung gewinnen wird, ist eher nicht anzunehmen. Aber angesichts der Menschenmassen dürften die meisten Passanten die Tröge gar nicht erst wahrnehmen.

Die neuen Kübel und Stühle können schnell wieder entfernt werden

700 Euro kostet so ein Pflanzgefäß, 400 Euro ein Stuhl. Weil Letztere gerne auch mal im Vorbeigehen einfach so mitgenommen wurden, etwa am Marienhof, sind die neuen mit Stahlseilen befestigt. "Da brauchen sie schon einen Bolzenschneider", sagt Hingerl. Trotzdem können Sitze und Pflanzkübel bei Bedarf schnell wieder von Mitarbeitern der Stadt entfernt werden. Das ist wegen der vielen Veranstaltungen - von Meisterfeiern des FC Bayern bis hin zum Fasching - notwendig und der Grund, warum es keine fest installierten Bänke geben kann.

Geht es nach OB Reiter, wird die Fußgängerzone nicht nur attraktiver, sondern auch bald erweitert. Bekanntermaßen wehren sich Anwohner und Geschäftsleute gegen eine autofreie Zone in der kompletten Sendlinger Straße. Im April könnte der Stadtrat beschließen, dass vom Sendlinger Tor bis zum Marienplatz ein durchgängiger Fußgängerbereich eingerichtet wird. Geht das Votum durch, wird es aber ein einjähriger Versuch sein, um die Akzeptanz zu testen.

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Ab Juni könnte die Straße zunächst für ein Jahr für den Verkehr gesperrt werden. Viele Mieter befürchten stark steigende Quadratmeterpreise.

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"Es gibt Leute, die das gut finden, und Leute, die das nicht so gut finden", sagt Reiter. "Auch die muss man ernst nehmen." Die Bedenkenträger in der Sendlinger Straße befürchten unter anderem, dass in einer Fußgängerzone die Quadratmeterpreise deutlich steigen und kleinere Betriebe durch große Ketten verdrängt werden könnten. Während der möglichen einjährigen Testphase will die Stadt die Entwicklung in der Sendlinger Straße beobachten.

© SZ vom 18.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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