Waldperlach:Grenzfall

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Zweierlei Recht: Neubaugrund liegt in Neubiberg und München

Von Hubert Grundner, Waldperlach

Das eigentlich Erstaunliche an privaten Bauvorhaben in München dürfte mittlerweile sein, dass sich das überhaupt noch jemand leisten kann. Ansonsten aber haben die Mitglieder des Unterausschusses (UA) Bauvorhaben, Stadtplanung und Stadtteilentwicklung in den meisten Fällen nichts dagegen einzuwenden, sofern gestalterische und sonstige Vorgaben erfüllt sind. Relativ unscheinbar, als "Neubau eines Mehrfamilienhauses mit einem Duplex-Doppelparker und einer Normalgarage", kam zunächst auch ein Projekt in der Rotkäppchenstraße daher. Beim zweiten Blick auf das Bauvorhaben entdeckten die Lokalpolitiker allerdings eine rechtlich ziemlich verzwickte Situation. Denn hier liege, wie der UA-Vorsitzende Wolfgang Thalmeir (CSU) jüngst im Bezirksausschuss Ramersdorf-Perlach referierte, ein Teil des Baugrundstücks auf dem Gebiet der Stadt München. Ein kleinerer Teil des Baugrundstücks, auf dem die Garage, also der für die Erweiterung notwendige Stellplatz verwirklicht werden solle, liege indessen auf dem Gebiet der Nachbargemeinde Neubiberg.

Die Besonderheit des Falls besteht für Thalmeir nun darin, dass Neubiberg für sein Gemeindegebiet, im Gegensatz zur Stadt München, die geordnete bauliche Entwicklung mittels eines Bebauungsplanes festgelegt hat. Dass die Stadt dies nicht tue, werde ja seit Jahren beständig durch den Bezirksausschuss kritisiert. Offensichtlich störe sie das allerdings nicht weiter, fügte Thalmeir hinzu.

Im vorliegenden Falle wirkten sich aber nun mehr die planungsrechtlichen Festsetzungen der Gemeinde Neubiberg so aus, dass die Erweiterung des Gebäudes auf Münchner Gebiet nicht mehr zulässig sein dürfte, vermutete der UA-Vorsitzende. Denn der Bereich, in dem die Garage auf dem Grund der Gemeinde Neubiberg errichtet werden solle, sei durch deren Bebauungsplan als Freifläche planungsrechtlich festgeschrieben.

Wie das Spannungsverhältnis rechtlich zwischen den beiden Kommunen aufgelöst werden könne, sei derzeit in der Verwaltung noch nicht klar. Die Mitglieder des Unterausschusses vertreten allerdings die Auffassung, dass in diesem Fall der "günstige Einfluss" des Bebauungsplanes der Nachbargemeinde genutzt werden sollte - und zwar, um die Erweiterung und Verdichtung des Grundstücks auf dem Gebiet der Stadt München letztlich zu verhindern.

Nach wie vor könne man nicht nachvollziehen, so Wolfgang Thalmeir, weshalb auf Neubiberger Gemeindegebiet eine Gestaltung der Stadtentwicklung durch eine Bauleitplanung möglich ist, wohingegen sie, nur zwei Meter weiter, auf Münchner Flur angeblich nicht möglich sein soll. Aus Sicht der Lokalpolitiker drängt sich daher ein dringender Verdacht auf: Entweder fehlten die personellen Ressourcen dafür oder aber die Bereitschaft sei nicht vorhanden, den Gartenstadt-Charakter Waldperlachs und damit auch das Wohnumfeld für die Bürger des Stadtgebietes durch eine Bauleitplanung zu erhalten, so wie dies die Nachbargemeinden, insbesondere die Gemeinde Neubiberg, seit Jahren tun. Die Stellungnahme des Unterausschusses zu diesem Projekt hat der Bezirksausschuss Ramersdorf-Perlach abschließend einstimmig übernommen.

© SZ vom 28.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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