Urteil in München:Wer beleidigt, der fliegt

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Ein Mieter soll seinen Müll nicht weggebracht und den Nachbarn beschimpft haben. Als der Vermieter schlichten will, nennt ihn der Mann "Schwein" - und ist seine Wohnung los. Zu Recht, entschied nun ein Gericht in München.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Den Vermieter massiv zu beleidigen, ist eine erhebliche Vertragsverletzung und berechtigt den Hausherrn zur fristlosen Kündigung. Das hat das Amtsgericht München nun in einem Urteil festgestellt. Der Mieterverein zeigt sich über diese Entscheidung verwundert: Gewöhnlich dürfe das nur "mit einem vorherigem Warnschuss" geschehen, nämlich einer förmlichen Abmahnung.

Der geschasste Mieter bewohnte ein Zimmer im vierten Stock eines Arbeiterwohnheims in der Stadt. Immer wieder soll er dort mit einem Nachbarn in Streit geraten sein: Der hatte sich über Müll beschwert, der längere Zeit nicht runtergebracht worden sei. Der Münchner habe ihn daraufhin "rassistisch beschimpft", beklagte sich dieser Nachbar anschließend beim Vermieter. Immer wieder sei es zu derartigen Beleidigungen gekommen.

Um Frieden zu stiften, stellte der Vermieter im Februar 2013 seinen Mieter zur Rede. Doch das Gespräch verlief wenig erfreulich: "Sie sind ein Schwein", rief der Mann dem Vermieter noch im Gehen hinterher. Wenige Tage danach bekam der Münchner die Quittung für sein unfreundliches Verhalten: Der Briefträger brachte die fristlose Kündigung. Als der Mann trotzdem nicht daran dachte auszuziehen, reichte der Vermieter umgehend Räumungsklage beim Amtsgericht ein. Die Mietrichterin gab ihm Recht und verurteilte den unflätigen Mieter zur Räumung des Zimmers. Die Beleidigung "Sie sind ein Schwein" sei eine erhebliche Vertragsverletzung, stellte die Richterin fest.

Hoch angespanntes Verhältnis

Der Mieter habe sich weder nachträglich für sein Verhalten entschuldigt noch in irgendeiner Weise gezeigt, dass er diese Entgleisung bereue, heißt es in der Urteilsbegründung. Im Gegenteil: Der Mieter habe in seiner Klageerwiderung behauptet, dass der Vermieter "wie gedruckt lügt" und "dumm daherredet". Dem Vermieter sei aufgrund der Beleidigung und des weiter bestehenden hoch angespannten Verhältnisses nicht mehr zumutbar, das Mietverhältnis fortzusetzen, stellte die Richterin fest. Das Urteil (Az.: 411 C 8027/13) ist rechtskräftig.

"Natürlich kommt es häufig vor, dass sich Vermieter und Mieter auf diesem Niveau auseinandersetzen", sagt Anja Franz vom Mieterverein München. "Um eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen, muss es aber meiner Meinung nach schon zu heftigen Auseinandersetzungen kommen."

Normalerweise seien Vermieter, bevor sie fristlos kündigen können, dazu verpflichtet, eine Abmahnung aussprechen. Das sei in diesem Fall nicht geschehen, bemängelt die Mietexpertin. Wenn einem Mieter, der mit den Nerven am Ende sei, eine solche Äußerung herausrutsche, müsse schon sehr genau abgewogen werden, ob ihm gleich wirksam gekündigt werden könne: "Immerhin steht der Betroffene dann auf der Straße und es ist ja bekanntlich in München nicht so einfach, etwas Neues zu finden."

Bei solchen Geschehnissen komme es jedoch sehr auf den konkreten Einzelfall an: "Wenn der Mieter natürlich wiederholt ausfällig oder gar handgreiflich wird, ist es dem Vermieter in Einzelfällen wohl wirklich nicht mehr zuzumuten, das Mietverhältnis aufrecht zu erhalten." Für solche Fälle gestehe ihm das Gesetz eine Kündigungsmöglichkeit zu. Angesichts der Konsequenz, plötzlich auf der Straße zu stehen, solle dem Mieter aber eigentlich immer die Möglichkeit eingeräumt werden, sein Verhalten zu überdenken, fordert Anja Franz.

© SZ vom 18.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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