Untergiesing:Wenn Kunst auf Wirklichkeit trifft

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Musik und gute Laune und dazu ein paar Probleme unserer Zeit: Die begehbare Obdach-Skulptur auf dem Hans-Mielich-Platz zog in diesem heißen Sommer viel Publikum an - sehr zum Leidwesen der Anwohner. (Foto: privat)

Die begehbare Skulptur "Obdach" auf dem Hans-Mielich-Platz sollte Menschen von der Straße ein Dach über dem Kopf bieten - sinnbildlich und real. Wegen Protesten der Anwohner wird das Projekt nun vorzeitig beendet

Von Julian Raff, Untergiesing

Manchmal kann ein Experiment auch scheitern - weil es einfach zu gut läuft. Die begehbare Skulptur "Obdach" am Hans-Mielich-Platz zog im Sommer jedenfalls derart viele Dauerbesucher an, dass sie nach Anwohnerbeschwerden bereits Mitte November wieder abgebaut wird, statt, wie ursprünglich geplant, erst im kommenden Frühjahr. Nachdem auch die Schlichter des allparteilichen Konfliktmanagements (Akim) das Problem nicht beheben konnten, beschlossen die Initiatoren vom katholischen Männerfürsorgeverein (KMFV), den als Kunstwerk und Treffpunkt gleichermaßen angelegten Pavillon am Dienstag, 13. November, zu entfernen.

Zusammen mit Bewohnern des Hauses an der Pistorinistraße hatte Künstlerin Jolene König in der "Obdach" betitelten Installation die Arbeit des KMFV sinnbildlich dargestellt - mit einem "Dach über dem Kopf", einem hölzernen "Boden unter den Füßen" einem Holztisch für die "warme Mahlzeit" und geschnitzten Holzobjekten, die für die Kreativität und Kommunikationsbereitschaft der vom Verein betreuten Münchner steht. Neben Zuspruch aus der Nachbarschaft gab es auch Klagen über Ruhestörung, ausgelöst durch die Dauerbelegung der offenen Holzhütte, die sowohl als nächtlicher Treff diente als auch tagsüber Schutz gegen die Hitze der vergangenen Monate bot.

Nach dem Start Mitte Juli sollte das Projekt ursprünglich neun Monate laufen, also bis April 2019. Mit dem symbolischen Obdach unter freiem Himmel wollten König und ihre Mitarbeiter unter anderem auch auf die zunehmende Obdachlosigkeit unter arbeitenden Münchnern hinweisen. So gesehen, hätte der Pavillon auch am Orleansplatz, im Nußbaumpark oder anderswo in der Stadt stehen können, findet Melanie Kieweg, die mit der Bürgerinitiative "Mehr Platz zum Leben" maßgeblich zur Belebung des Hans-Mielich-Platzes beigetragen und das Projekt entsprechend unterstützt hat.

Probleme mit den Bewohnern der umliegenden Männerwohnheime, aber auch mit Wohnungsflüchtern aus der Umgebung hatte es am Platz immer wieder gegeben. Als regelmäßiger Brennpunkt hatte sich dabei ein Freiluft-Schachbrett an der Ostseite des Platzes herausgestellt, das nun nach dem Wunsch von Anwohnern und Bezirksausschuss aus der Ecke heraus, in Richtung Platzmitte verschoben werden soll. Zugleich entsteht so Platz für eine neue Boulderwand, die eher Kinder und Jugendliche anziehen dürfte als die umstrittene Klientel.

Anlässlich der jüngsten Konflikte, aber in die Zukunft gerichtet, wollen Akim und KMFV am Montag, 5. November, mit den Anwohnern über die Zukunft des Platzes, seine Gestaltung und das künftige Miteinander diskutieren. Der runde Tisch beginnt um 18 Uhr im Alten- und Servicezentrum, Kolumbusstraße 33, und soll etwa zwei Stunden dauern.

Teilnehmer sollten sich anmelden, telefonisch unter 233 404 96, oder per Mail bei sven.braumueller@muenchen.de. Für Montag, 12. November, ist dann eine Abschiedsfeier für den Pavillon geplant, dazu wird Pfarrer Michael Schlosser vom Pfarrverband Mariahilf und St. Franziskus eine Andacht halten, die um 19 Uhr beginnt.

© SZ vom 02.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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