Untergiesing:Stadt vollzieht Kurswechsel

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Anstelle des ursprünglich geplanten Wohnprojekts für Flüchtlinge und Wohnungslose sollen an der Wilhelm-Kuhnert-Straße geförderte Mietwohnungen nach dem München-Modell entstehen

Von Julian Raff, Untergiesing

In der Kontroverse um gefördertes Wohnen an der Wilhelm-Kuhnert-Straße geht das Planungsreferat nun auf Anwohner und Bezirksausschuss ein, allerdings nicht ganz in der gewünschten Richtung: Im Februar hatte die Stadt mit der Ankündigung eines "Wohnen für Alle" (WfA-)Projekts für Flüchtlinge und Wohnungslose Unruhe in dem eher stillen Winkel ausgelöst. Der Bezirksausschuss (BA 18) fordert seitdem, das Grundstück, zumindest teilweise, für Kinderbetreuung zu nutzen - in der Hoffnung auf eine Alternative für die maroden Container des St.-Franziskus-Kindergartens auf dem Candidplatz. Dem Wunsch nach einem einstweiligen Planstopp war die Behörde nachgekommen.

Die ebenfalls geforderte persönliche Stellungnahme kam aber monatelang nicht zustande, mangels neuer Erkenntnisse, wie das Referat beschied. Besonders ungehalten reagierten zahlreiche Nachbarn, nachdem die Experten-Aussprache in der Juli-Sitzung zum wiederholten Mal verschoben worden war. Mit der Abkehr vom WfA-Projekt zugunsten geförderter Mietwohnungen nach dem München-Modell konnte Bau-Stadtdirektorin Ulrike Klar nun zwar einen grundlegenden Kurswechsel verkünden, allerdings vor nur noch zwei Nachbarinnen, die sich ebenso wenig begeistert zeigten wie der BA. Zumindest die mit dem WfA-Vorhaben verbundenen Ängste vor einer als schwierig empfundenen Klientel dürften sich mit dem aktuellen Plan erledigt haben. "Hier ziehen ganz normale Münchner ein", erklärte Klar mit Blick auf die recht großzügigen Einkommensobergrenzen bei der Vergabe: Bis zu 38 700 Euro brutto darf ein alleinstehender Bewerber jährlich verdienen. Für Alleinerziehende mit einem Kind liegt die Obergrenze bei 59 700 Euro, für ein Paar mit Kind bei 78 400 Euro und für eine Familie mit drei Kindern schließlich bei 108 100 Euro. Wie Klar weiter ausführte, funktioniert das Fördermodell am besten in Zusammenarbeit mit kleineren Bauträgern, die den Grund für günstige 600 Euro pro Quadratmeter erwerben und im Gegenzug Mieten zwischen 9,50 und 11,50 Euro pro Quadratmeter zusichern. Ein Erbpachtvertrag über 75 Jahre sichert das Geschäft langfristig ab. Gewofag und GWG seien zu sehr mit Großprojekten beansprucht, um auf derart kleinem Grund zu bauen, so Klar, die noch keine Auskunft über die geplante Zahl an Wohnungen geben konnte. Die geforderte Kita-Alternative habe das Referat verworfen, da das Grundstück nicht die nötige Freifläche biete. Neue Kindergärten plane die Stadt nicht unter drei Gruppen, also 75 Plätzen, so Klar. Die Richtlinien erforderten aber zehn Quadratmeter Auslauffläche pro Kind, so dass 750 von insgesamt nur 910 Quadratmetern Grund für einen Spielgarten gebraucht würden.

Für Anwohner und BA kein Argument gegen eine Kita: Auf dem Candidplatz stünden die Container auf Asphalt, eingerahmt von einem Großparkplatz. "Wen interessieren da die Freiflächen?", fragte Anwohnerin Mareike Kress, die für ihre Onlinepetition in Sachen Kita bislang 184 Unterschriften gesammelt hat. BA-Chef Clemens Baumgärtner (CSU) unterstützt das Anliegen und verweist auf die unmittelbar angrenzenden Isarauen als ideales Spielgelände. Christa Knappik (SPD) schlug vor, über die Planung einer Krippe nachzudenken. Kleinere Gruppen ohne die geforderten Freiflächen ließen sich leichter in Kombination mit Wohnungen auf dem Grundstück unterbringen. Für eine gemischte Lösung, auf jeden Fall gegen reine Wohnnutzung sprach sich der BA schließlich einstimmig aus. Die Machbarkeit will er demnächst mit einem Vertreter des Bildungsreferats (RBS) klären.

© SZ vom 23.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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