Untergiesing:Reizthema Kunst

Lesezeit: 2 min

Kulturinitiatorin Melanie Kieweg von "Mehr Platz zum Leben" mit Künstler Cord Winter. Dessen Skulptur "Smile" war diesen Sommer in der Reihe temporärer Installationen auf dem Hans-Mielich-Platz zu sehen. (Foto: Stephan Rumpf)

Die Initiative "Mehr Platz zum Leben" hängt mit ihrem Lärmschutzwand-Projekt in der Luft: Grüne und SPD haben die Entscheidung über den Zuschuss verschoben

Von Julian Raff, Untergiesing

Für ihre Projekte konnten Melanie Kieweg und die Bürgerinitiative (BI) "Mehr Platz zum Leben" lange Zeit auf die finanzielle Unterstützung des Bezirksausschusses (BA) zählen. In seiner neuen Besetzung zeigt sich das Gremium nun weniger spendabel. Die grün-rote Mehrheit wollte einem Zuschuss von circa 29 000 Euro für eine künstlerisch gestaltete Lärmschutzwand am Kolumbusplatz vorerst nicht freigeben und setzte nach lebhafter Debatte eine Vertagung bis Januar durch.

Die stattliche Summe, genau sind es 28 842 Euro, hatte die BI im Oktober für eine 25 Meter lange, 1,8 Meter hohe "StauSchallWand" beantragt. Diese soll das Kunst- und Kulturareal an der ehemaligen Bushaltestelle ("Halt 58") vom Lärm des Giesinger Bergs abschirmen und gleichzeitig einen originellen Denkanstoß liefern.

Der Entwurf des Untergiesinger Architekten und Künstlers Hans Martin Kieser sieht dafür eine Art dreidimensionaler Collage aus ausrangierten Autoteilen vor. Als Metallkünstler ist Kieser spätestens im Stadtbezirk bekannt, seit vor zwei Jahren sein Mahnmal zu den Novemberpogromen an der Harlachinger Hochleite enthüllt wurde. An der Innenseite der Wand soll eine Fläche für temporäre Kunstwerke entstehen, gestaltet von Jugendlichen unter Leitung des Künstlers Heiko Krause, in Zusammenarbeit mit dem Untergiesinger Kreativ-Zentrum "Die Färberei".

Die BI hat Sponsoren aus der Wirtschaft aufgetan, unter anderem einen Autoteile-Handel und einen Anbieter nachhaltiger Baustoffe. Da "Mehr Platz zum Leben" aber derzeit keine Eigenmittel aufbringen kann, soll der Zuschuss den verbleibenden Aufwand decken, mehr als die Hälfte entfällt auf Arbeitskosten. Der Zuschuss würde knapp 60 Prozent des aktuell verbleibenden BA-Budgets von rund 49 000 Euro beanspruchen. Rechnet man allerdings nicht verbrauchte Reste aus dem Vorjahr und noch nicht abgerufene Mittel aus 2020 hinzu, erhöht sich der finanzielle Spielraum auf bis zu 131 000 Euro.

So oder so hatte der BA-Unterausschuss für Budget unter Leitung von Julia Fitzner (Grüne) einstimmig eine Vertagung empfohlen und die Antragsteller um weitere Informationen gebeten. Man wisse ja nicht einmal, ob das Projekt vorrangig dem Schallschutz oder der Verschönerung diene, geschweige denn, wie die hohen Arbeitskosten zustande kommen, so Fitzner. Hinter Kieweg und die BI stellten sich dagegen Andreas Babor und Clemens Baumgärtner (beide CSU). "Es ist unstrittig, dass Kunstwerke optische und parteipolitische Reize triggern", so Baumgärtner. Allerdings sieht er mit den eingereichten Unterlagen alle inhaltlichen Fragen beantwortet. Wer also gegen das Projekt sei, solle dies einfach sagen, statt die Entscheidung vor sich her zu schieben, so der frühere BA-Chef. Lange Verzögerungen könne sich die BI nicht leisten, erklärte Kieweg. Der Umsetzungstermin April bis Juli 2021 sei nicht verschiebbar, da an der Hebenstreitstraße ein Arbeitszelt zur Montage der Einzelteile aufgestellt werden müsse, so lange der Grundstücksstreifen an der Bahnlinie noch zur Zwischennutzung zur Verfügung steht. Kiewegs Appell, im Zweifelsfall lieber sofort eine Teilsumme zu bewilligen, verhallte. Ob das Projekt zustande kommt, bleibt nun offen.

© SZ vom 10.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: