Untergiesing:Party-Alarm

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Eine verträumte Gegend: Entlang des Auer Mühlbaches fand man bislang mitten im Trubel der Stadt Ruhe und viele geschützte Tierarten. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Anwohner und Kleingärtner entlang des Auer Mühlbachs klagen über Griller, Sonnenanbeter und Schwimmer

Von Julian Raff, Untergiesing

Während die Flaucher-Nachbarn seit jeher unter Schall und Rauch leiden, verlagert sich ein Teil des sommerlichen Partygeschehens nun offenbar von der Isar an den Auer Mühlbach. Seit etwa drei Jahren, verstärkt während der jüngsten Hitzewellen, haben Griller, Sonnenanbeter und Schwimmer das Gebiet um die Fußgängerbrücke zwischen den Kleingärten an der Schönstraße und dem östlichen Isarhang entdeckt. Der westliche, von Büschen durchsetzte Uferstreifen bietet zwar kaum Platz, um ausgestreckt zu liegen, wird aber dennoch an Sommertagen von Dutzenden Besuchern belagert - Grillrauch, laute Musik, Müll und andere Ärgernisse inklusive.

Besonders eng wird es auf der Fußgängerbrücke selbst, wo sich gruppenweise Radler durchzwängen. Außerdem nutzen Surfanfänger den Übergang, um hier, mangels stehender Welle, am Seil in der Strömung zu gleiten. Eine geräuschvolle Gruppengaudi zelebrieren außerdem Slackliner, die ein Stück weiter unten über den Bach balancieren. Der Bezirksausschuss (BA) 18, bei dem sich Anwohner und Kleingärtner am Dienstagabend über den ausufernden Freizeitspaß im Landschaftsschutzgebiet beklagten, findet sich erneut zwischen den Fronten.

Die Gartenpächter fühlen sich zwar um ihr Idyll gebracht, möchten es aber nicht abgeschottet sehen. "Wir wollen hier keine Totenruhe, aber mittlerweile ist alles einseitig auf Spaß getrimmt", erklärte eine Gartlerin. Nachdem der Durchgangsweg Anfang der Neunzigerjahre für die Allgemeinheit geöffnet wurde, habe es die längste Zeit keine Probleme gegeben - auch nicht mit den wenigen, ruhigen Badegästen, die im Hochsommer im Mühlbach Abkühlung suchten. Die von der Isar kommende Party- und Trendsportwelle bedrohe nun aber längst nicht mehr nur die durch strenge Ruhezeiten geregelte Stille, sondern auch Libelle, Eisvogel und andere geschützte Tiere.

Nicht zuletzt weil Badefreunde die Kraft des Wassers leicht unterschätzen, gilt für den Bach an sich das Schwimmverbot der städtischen "Bade- und Bootverordnung" von 1976. Diese gibt zwar einige Isar- und Kanalabschnitte frei und erlaubt seit 2010 das Surfen auf der Eisbachwelle; eine vergleichbare Ausnahme für die Stadtbäche ist aber unter dem Eindruck tödlicher Unfälle nicht in Sicht. Selbst mit den Tücken ihres Badebachs einigermaßen vertraut, verkniffen sich die Kleingärtner Hinweise auf die Rechtslage, konnten aber auch mit entsprechenden Zwischenrufen eine Anwohnerin nicht daran hindern, die Umsetzung einzufordern. Unwirsch reagierte auch BA-Chef Clemens Baumgärtner (CSU), der sich im Namen seines Gremiums juristische Belehrungen verbat. Stattdessen bemühten sich er und andere BA-Mitglieder, das Terrain sperriger Vorschriften möglichst diskret zu umschiffen. Eine "immer mehr wachsende Stadtgesellschaft" verlange vom Einzelnen halt stärkere Nerven, so Baumgärtner: "Zu 90 Prozent des Jahres herrscht Ruhe, zu zehn Prozent gibt es Ärger. Das müssen wir regeln, ohne Schilderwald." Einen zusätzlichen Hinweis aufs Landschaftsschutzgebiet bei der Brücke kann sich der BA gerade noch vorstellen. Weitergehende Verbote würden die Leute nach allgemeiner Überzeugung nur wieder zurück an den regelmäßig überfüllten Isarstrand treiben. Dort wiederum ist nach Ansicht der Anwohner ohnehin schon alles zu spät, während das bedrohte Kleinod am Auer Mühlbach noch zu retten wäre.

© SZ vom 20.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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