Unmittelbar am Pasinger Bahnhof:Wohnturm über der Fahrradgarage

Lesezeit: 3 min

"Die Chance auf ein neues Wahrzeichen am Pasinger Bahnhof", so sieht Investor Martin Bucher den 50 Meter hohen Wohnturm, in dem künftig Studierende leben sollen. Visualisierung: be_planen Architekten/oh (Foto: N/A)

Auf einem noch unbebauten Zwickel an der Gottfried-Keller-Straße soll ein Komplex mit 16 Stockwerken entstehen. Die Lokalpolitiker begrüßen die 2700 geplanten Radabstellplätze, sehen die Gebäudehöhe aber kritisch

Von Jutta Czeguhn, Pasing

Das bis dato höchste Gebäude in Pasing ist der Turm der Stadtkirche Maria Schutz. Nicht weit weg davon könnte sich bald ein Gebäude erheben, das die Bucher Properties GmbH direkt am Nordausgang des Pasinger Bahnhofs plant. Dort, auf einem noch unbebauten Zwickel an der Gottfried-Keller-Straße, soll ein Wohnturm mit 16 Stockwerken entstehen, 50 Meter hoch. Ein solch markantes Projekt unmittelbar am Eingang der villengeprägten, historischen Kolonie I löst erwartungsgemäß heftige Diskussionen aus. Im Bezirksausschuss (BA) Pasing-Obermenzing am Dienstagabend gab es Für- und Widerredner, denn der Bau würde die Höhendimensionen des gültigen Bebauungsplans sehr deutlich übersteigen. Doch hat das Projekt auch seinen Charme: Der Investor Martin Bucher will im ersten Untergeschoss des Wohnturms eine Fahrradgarage mit 2700 Stellplätzen unterbringen. Und diese werden in Bahnhofsnähe dringend gebraucht.

Die Projektgesellschaft G 39 GmbH, eine Beteiligungsgesellschaft der Bucher Properties GmbH und Asko Invest GmbH, hatte das Projekt im Unterausschuss Planung am 22. Juli vorgestellt. Der Wohnturm auf dem etwa 2500 Quadratmeter großen Areal wäre der Schlussstein der Bebauung des Weyl-Geländes, das in Pasing über Jahrzehnte als "Giftacker" galt. Bis 1984 stand dort die chemische Fabrik Weyl, die unter anderem Teer produzierte, weshalb im Boden Altlasten lagerten. Inzwischen wurde das Gelände saniert und bebaut. Nur auf seinem westlichsten Teil, dem Zwickel, hat sich bislang nichts getan. Die Bucher Properties GmbH konnte das Grundstück nun Ende vergangenen Jahres bei einer Zwangsversteigerung erwerben.

Ein Modell, das dem Unterausschuss Planung vorgestellt wurde, zeigt einen viergeschossigen Sockelbau, der die Dreiecksstruktur des Geländes abbildet. Je zwei Geschosse sind für Büros, Gewerbe und Gastronomie vorgesehen. Auf dem Gebäudesockel sitzt, dem Nordausgang des Pasinger Bahnhofs zugewandt, der Wohnturm mit zwölf Stockwerken auf. Dort sollen 140 Studentenwohnungen untergebracht werden. Der Entwurf von Buchers Schwester Birgit Bucher und ihrem Architekturbüro "be_planen" sieht einen öffentlichen Vorplatz mit Café vor. Die Fahrradgarage ist im ersten Untergeschoss angelegt und bekommt einen direkten Zugang zum sogenannten Wolkentunnel im Pasinger Bahnhof, darunter soll es zwei Tiefgaragen-Geschosse mit 120 KfZ-Stellplätzen geben, die über die Gottfried-Keller-Straße erschlossen werden.

Zuvor im Unterausschuss und nun am Dienstag im Vollgremium des Bezirksausschusses zeigte man sich von den Fahrradgaragen-Plänen sehr angetan. Schon heute sind am Bahnhofsausgang die offiziellen Radlparkplätze längst nicht mehr ausreichend. Und wenn sich in den kommenden Jahren Tausende Pendler aus den großen neuen Quartieren an der Paul-Gerhardt-Allee und der Lipperheidestraße mit dem Fahrrad Richtung Bahnhof aufmachen, ist dort Chaos absehbar. Weshalb der BA schon lange eine moderne Fahrradgarage von der Stadt fordert.

Doch dürfe eine solche öffentliche Fahrradgarage, so sieht es zumindest Sven Wackermann (CSU), nicht zu einer Art "Zuckerl" werden, "mit dem der Investor bei der Stadt das Maximale an Baurecht herausholt". Man könne, so das Stadtratsmitglied, dem Bauherrn entgegen kommen, "aber nicht in dieser Größe und nicht in dieser Höhe". Ein 50 Meter hohes Gebäude an dieser Stelle werde die übrige Wohnbebauung verschatten. Gegen den Turm mit seinen 16 Stockwerken sprach sich auch Florian Buchner (Grüne) aus. Er sieht den Gartenstadtcharakter der Kolonie in Gefahr. Laut Bebauungsplan seien dort maximal sechs bis sieben Geschosse möglich.

"Es muss doch mal möglich sein, etwas ergebnisoffen zu diskutieren", forderte hingegen Christian Müller von der SPD, der auch im Stadtrat sitzt. Ganz sicherlich werde zwischen der Stadt und dem Investor nichts "im Hinterzimmer" verhandelt. "Ich halte nichts von Investoren-Bashing. Und wenn wir nicht wollen, dass jeder Quadratmeter zugebaut ist, dann müssen wir auch mal ein Stück weit in die Höhe gehen, auch in München, ohne gleich den Untergang der Welt damit zu prognostizieren".

Martin Bucher zeigte sich auf SZ-Anfrage überrascht vom Gegenwind, der dem Projekt aus dem Gremium entgegenschlägt. Zuvor sei das Projekt überfraktionell im Rathaus vorgestellt und durchaus positiv aufgenommen worden. Auch Kritiker Sven Wackermann sei dabei gewesen. Man habe seitens der Stadt die Ermunterung bekommen, einen Hochpunkt zu wagen, der städtebaulich vertretbar sei. Bucher strebt nun ein vorhabenbezogenes Bebauungsplanverfahren an, in dem man sich allen Belangen stelle. Der Aufstellungsbeschluss sollte nach den Sommerferien vorliegen, dann will Bucher das Projekt binnen zwei Jahren umsetzen.

Der Bezirksausschuss wiederum pocht darauf, dass Bucher eine Erhöhung des Baurechts nur über ein ordnungsgemäßes Bebauungsplanverfahren erwirken könne. Das Gremium, so die Forderung ans Planungsreferat, will "jederzeit in jeden Planungsschritt" eingebunden werden. Die Fahrradgarage allerdings sei willkommen.

© SZ vom 01.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: