Unfall vor Gericht:Radlerin kracht in Auto - Geldauflage für Fahrer

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  • Ein Autofahrer steht im Stau und kommt nur langsam voran, als ihm eine Radfahrerin in den Wagen kracht.
  • Die 34-Jährige veletzt sich so schwer, dass sie sechs Wochen krankgeschrieben wird. Der Autofahrer, ein Anwalt, ist so geschockt, dass er der Frau vor Ort nicht helfen konnte.
  • Obwohl die Frau keine Anzeige erstattete, wurde gegen den Anwalt wegen fahrlässiger Körperverletzung ermittelt. Er muss jetzt 1000 Euro Geldauflage zahlen.

Von Christian Rost

Es war ein Zusammentreffen, wie es auf Münchens Straßen täglich unzählige Male vorkommt: Ein Autofahrer steht im Stau und tastet sich mehr als er fährt über eine Kreuzung. Die Ampel für querende Fußgänger und Radfahrer zeigt bereits wieder Grün, noch ehe der Autofahrer die Kreuzung verlassen kann. Passen nun nicht alle Beteiligten genau auf, kann das passieren, was am Montag einen 51-jährigen Rechtsanwalt vors Münchner Amtsgericht gebracht hat: In sein in der Kreuzung stehendes Auto war eine Radfahrerin gekracht. Hätte er den Unfall vermeiden können?

Der Zusammenstoß ereignete sich am 11. November 2013 gegen 19 Uhr nahe des Maxmonuments. Der Anwalt war mit seinem Fiat 500 auf dem Heimweg, er fuhr parallel zur Isar die St.-Anna-Straße entlang und versuchte noch, an der Maximilianstraße über die Kreuzung zu gelangen. Laut Staatsanwaltschaft erspähte er eine Lücke zwischen zwei querenden Fahrzeugen und schob sich in die Kreuzung hinein. Just in diesem Moment kam eine 34-Jährige auf ihrem Damenrad des Wegs. Sie fuhr auf dem Radweg, konnte nicht mehr bremsen und krachte in die Beifahrertür des kleinen Fiat. Beim Aufprall zog sie sich eine Gelenksprengung in der Schulter zu sowie eine große Platzwunde am Knie und Zerrungen. Sechs Wochen war sie krankgeschrieben. Der Autofahrer war so geschockt, dass er der Frau selbst nicht helfen konnte. Das übernahm ein Zeuge, bis der Rettungsdienst die Verletzte ins Klinikum brachte.

"Der eine fällt glücklich, der andere nicht"

Die Wissenschaftliche Mitarbeiterin verzichtete auf eine Anzeige. Die Schäden regelten die Versicherungen. Dennoch wurde gegen den Anwalt wegen fahrlässiger Körperverletzung ermittelt. Die Staatsanwaltschaft hatte wegen der schweren Verletzungen der Frau das öffentliche Interesse an dem Fall bejaht und dem Anwalt einen Strafbefehl zugeschickt, gegen den er Einspruch einlegte. Darin argumentierte er wie nun auch vor Gericht: "Der Unfall war für mich nicht vermeidbar." Verteidiger Michael Reinhart sagte, dass sich der Verkehr ja gestaut habe, als die Frau auf ihrem unbeleuchteten Rad dem Auto in die Seite gefahren sei. Der Angeklagte habe weder vor noch zurück gekonnt.

Richterin Sabine Kehl stellte klar, dass einzig der Grad der Pflichtverletzung des Autofahrers ausschlaggebend sei für das Urteil und nicht etwa die Schwere der Verletzungen der Radfahrerin, denn: "Der eine fällt glücklich, der andere nicht", so Kehl. Die Schuld des Angeklagten an dem Unfall sah sie als gering an. Die Staatsanwaltschaft stimmte einer Einstellung des Verfahrens aber nur gegen eine Geldauflage von 1000 Euro zu, was der Anwalt zähneknirschend akzeptierte. Andernfalls hätte ein Unfallgutachter zurate gezogen werden müssen, was den Prozess über Monate hinweg ausgedehnt hätte - mit offenem Ergebnis.

© SZ vom 20.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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