TSV Dachau 1865:Am Bollwerk verzweifelt

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Zwei Tage nach dem 2:1-Erfolg gegen Pullach lässt die Lamotte-Elf beim 1:1 gegen Sonthofen zwei Punkte liegen. Ein Dämpfer für ihre Aufstiegsambitionen.

Von Max Ferstl, Dachau

Als alles vorbei ist, lässt sich Fabian Lamotte auf die Trainerbank fallen, die Arme vor der Brust verschränkt, die Beine weit von sich gestreckt. Eine halbe Minute sitzt Lamotte so da. Der Spielertrainer des Bayernligisten TSV 1865 Dachau fixiert einen Punkt drei Meter vor sich auf der vom Regen durchweichten Tartanbahn. Sein Blick ist gläsern. Gut möglich, dass vor dem inneren Auge auch andere Bilder auftauchen. Szenen aus der soeben zu Ende gegangenen Partie gegen Sonthofen.

Wie Franz Hübl Dachau in der 80. Minute in Führung schoss, wie sich alle zu einer Jubeltraube vereinten und nur Lamotte, der Spielertrainer, zur Ordnung mahnte. Wie kurz darauf diese Ordnung kollabierte, vier Sonthofener ungehindert aufs Dachauer Tor zuliefen und Manuel Schäffler nur einschieben musste. Wie ein Spiel, das eigentlich gewonnen werden musste, nur 1:1 endete. "Wir sind sehr enttäuscht", gibt Lamotte zu, nachdem er sich von der Bank gestemmt hat: "Es hätten drei Punkte werden müssen."

Dominik Schäffer (2. v. re.) traf zum 1:0. Umso mehr ärgerte sie das 1:1 gegen Sonthofen am Montag. (Foto: Niels P. Joergensen)

Diesem Nachholspiel gegen Sonthofen hatten sie in Dachau durchaus richtungsweisende Bedeutung beigemessen. Denn es würde vermutlich die Frage klären, wie seriös sich die Dachauer nun am Aufstiegsrennen beteiligen würden: Bei einem Sieg wäre der Relegationsplatz in Reichweite gewesen, bei einer Niederlage hätte man den Anschluss ans Spitzenquartett verloren. Ein Unentschieden hilft nicht so recht weiter. Dachau ist nicht richtig dran an der Spitze, aber auch noch nicht aussichtslos abgeschlagen. "Es liegt nicht mehr in unserer Hand", folgert Lamotte. "Wir hätten unsere Hausaufgaben machen müssen, das haben wir nicht geschafft."

Schmöller klagt: "Wir haben in einer Woche weggeworfen, was wir uns aufgebaut hatten."

Dachaus Trainer hatte vor dem Spiel bereits geahnt, dass es "ein Kraftakt" werden würde. Nicht nur, weil es die zweite Partie binnen drei Tagen war. Schon am Karsamstag hatte Dachau mit einer "sehr kontrollierten Leistung" Pullach 2:1 bezwungen und sich dadurch erneut an die vorderen Plätze herangeschoben. Sondern auch, weil Lamotte damit gerechnet hatte, dass Sonthofen ein stabiles Abwehrbollwerk formieren würde. Seine Spieler würden sich jeden freien Raum hart erarbeiten müssen.

So kam es auch: Sonthofens Trainer Esad Kahric signalisierte bereits mit seiner Aufstellung, dass er in Dachau mit einem Punkt "sehr gut leben" kann. Er stellte fünf Leute in die Abwehr und positionierte unmittelbar davor vier Mittelfeldspieler als eine Art ersten Verteidigungswall. Die Dachauer machten sich mit dem Anpfiff daran, diesen Riegel zu knacken. Immerhin: Sie können sich nicht vorwerfen, eine Methode ausgelassen zu haben. Zunächst bewegten sie das Spielgerät vom linken Flügel zum rechten und wieder zurück. Auf der Suche nach einer Lücke, wie beim Handball. Als das nicht den gewünschten Erfolg brachte, versuchten sie das Zentrum erst mit schnellen Pässen zu durchdringen, später mit hohen Bällen zu überspielen. Ein effektiver Hebel fand sich jedoch nicht. "Wir haben wirklich gut gespielt, aber zu selten die ganz klaren Chancen bekommen", fand Lamotte.

Auch wenn obiges Bild eher das Gegenteil vermuten lässt: Den Tabellenzweiten Pullach haben die Dachauer am Samstag beiseite geräumt. (Foto: Niels P. Joergensen)

Er selbst vergab wohl die größte Dachauer Gelegenheit, als er nach einer Ecke im Strafraum freistehend zum Kopfball ansetzte, den Ball jedoch nicht richtig traf (51.). Es passte irgendwie, dass diese Großchance aus einer Standardsituation resultierte, und das einzige Tor aus einem Fernschuss (80.). Es war die Ultima Ratio, um der Sonthofener Defensive irgendwie beizukommen. Die Gäste taten zwar nichts fürs Spiel, hatten aber ironischerweise die besseren Torchancen. Es gab zum Beispiel diesen Distanzschuss von Andreas Maier, der Dachaus Torhüter Maximilian Mayer zu einer Glanzparade zwang (37.). Oder jenen schnellen Gegenzug, als Burak Kesici querlegte und Etem Sahin alleine vor Mayer drüber schoss. "Den Punkt haben wir uns verdient", fand Kahric. Die Dachauer werden sich trotzdem ärgern. Sie haben es verpasst, dieses Osterwochenende zu veredeln, das in Pullach so vielversprechend begonnen hatte.

Immerhin muss Lamotte keine Krise mittelschweren Ausmaßes moderieren wie Pullachs Trainer Frank Schmöller: Zwei Niederlage aus den vergangenen drei Partien, dazu ein Unentschieden gegen Kellerkind Kottern. Das Selbstverständnis des Unbesiegbaren, das die Pullacher lange Zeit besaßen, ist verloren gegangen. Die eigenen Stärken wirken plötzlich nicht mehr so mächtig. Vor allem in der Abwehr, bis vor kurzem die beste der Liga, taten sich zuletzt einige Lücken auf. "Wir haben in einer Woche weggeworfen, was wir uns aufgebaut hatten", klagte Schmöller. Das einzig Positive: Unterföhring hat am Samstag ebenfalls verloren, deshalb beträgt der Rückstand auf die Tabellenspitze nur einen Zähler. Doch auch Pullach muss nun darauf hoffen, dass die Konkurrenz patzt.

© SZ vom 18.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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