Trudering:Straßtrudering bekommt seinen Boulevard

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Der Stadtrat soll die Aufwertung der Einkaufsmeile Anfang Dezember beschließen. Der Bezirksausschuss ist vom Konzept überzeugt, nur die geplante Verschmälerung des Schmuckerwegs stößt auf Widerspruch

Von Renate Winkler-Schlang, Trudering

Der Grünen-Stadtrat Herbert Danner spricht von einem "Meilenstein": Seit Jahrzehnten, habe er sich eingesetzt für eine Verkehrsberuhigung und Aufwertung der Straßtruderinger Einkaufsmeile zwischen Bajuwarenstraße und Schmuckerweg. Nun soll tatsächlich der Bauausschuss in seiner Sitzung am Dienstag, 3. Dezember, den entscheidenden Beschluss zur Truderinger Straße fassen. Baubeginn des vom Wettbewerbssieger BBZ Landschaftsarchitekten (Berlin) erarbeiteten Konzepts soll im Frühjahr sein - und schon zwei Jahre später könnte dann alles in neuem Glanz erstrahlen. Der Bezirksausschuss Trudering-Riem stimmte daher der Vorlage einhellig zu - um nur ja jede Verzögerung zu vermeiden.

Einen Wermutstropfen jedoch gibt es: Der Gewerbe- und Eigentümerverein Trudering (GEVT), der sich nach den Worten seiner Vorsitzenden Brigitte Fieger sehr freut auf die Umgestaltung, kämpfte bis zum Schluss darum, dass die Zufahrt von der Messestadt her, der Schmuckerweg, auf den letzten Metern bis zur Einmündung in die Truderinger Straße zweispurig bleibt: vergeblich.

Danner sah das offenbar fast schon als einen persönlichen Affront, im Unterausschuss des Bezirksausschusses wurde gestritten. Fieger aber sagt, Danner wohne ja nicht an der Truderinger Straße. Weghaben wollen die Anlieger und Ladenbetreiber zudem nur den Durchgangsverkehr. Wenn man aber alle Autos behindere, kämen bald gar keine Kunden mehr, würden die verbliebenen Läden sterben und die Straße wäre tot: "Dann ist es auch egal, ob wir attraktive Bänke oder Brunnen haben."

Sie funktioniert, aber hübsch ist sie nicht: die Straßtruderinger Einkaufsmeile. (Foto: Stephan Rumpf)

Das Bauprojekt ist angesiedelt im Städtebauförderungsprojekt "Aktive Zentren" - was den Vorteil hat, dass die Stadt von den rund zehn Millionen Euro Baukosten etwa 60 Prozent von Bund und Land zurückerhält. Seit 2010 schon tagt eine Projektgruppe, 2013 gab es vom Stadtrat den offiziellen Startschuss, 2015 stand das "Bedarfsprogramm, 2017 hatte das Baureferat zum Planungsworkshop geladen, 2018 wurden die Ergebnisse den Bürgern vorgestellt. Mit dem Aktive-Zentren-Programm einher ging auch eine intensive Betreuung der Anlieger mit einem Geschäftsstraßen-Management. Regelmäßig gab es diese Projektrunden, in denen der aktuelle Stand diskutiert wurde.

Danner wirft nun dem GEVT vor, dass dort der richtige Ort gewesen wäre, um die verkehrlichen Bedenken der Anlieger zu besprechen. Auch er selbst und der gesamte Bezirksausschuss seien stets ansprechbar gewesen. Statt dessen aber habe Fieger gleich zwei Jahre hintereinander den öffentlichkeitswirksamen Weg über die Bürgerversammlung gewählt - die ihr beide Male zustimmte. Fieger hält dagegen, dass sie und ihre Mitstreiter immer wieder interveniert hätten, aber ohne Resonanz. Auch auf den Bürgerversammlungsantrag vom vergangenen Jahre habe der Verein bis heute keine Antwort von der Stadt erhalten.

Kontrovers diskutiert wird der geplante Wegfall der Rechtsabbiegespur des Schmuckerwegs. (Foto: Stephan Rumpf)

Der GEVT hat ein eigenes Verkehrsgutachten bei der Projekta Ingenieurgesellschaft in Auftrag gegeben - mit von der Stadt zur Verfügung gestellten Zahlen - und ist nun sicher, dass der Wegfall der relativ kurzen zweiten Spur auf dem Schmuckerweg zum Rückstau bis weit hinauf auf die Schmuckerbrücke, die die Bahn quert, führen wird. Egal ob Bus oder Rettungswagen - alles werde dort feststecken, denn das sei nun einmal die wichtigste Verbindung für den Durchgangsverkehr zwischen Messestadt und Waldtrudering oder Neuperlach. Und den werde es weiter geben. Fieger plädierte dafür, die zweite Spur erst einmal probeweise zu sperren und nicht gleich zurückzubauen. Dann könnte man sie notfalls wenigstens wieder für Busse oder für Lastenfahrräder öffnen, wenn das Chaos zu groß werde. Danner hingen sagt, während der zwei Jahre Bauzeit würden sich die Autofahrer ohnehin neue Wege suchen. Und im Übrigen müsse man sowieso weg vom Autoverkehr.

Der Bezirksausschuss entschied sich am Ende der Diskussion für eine Art Kompromiss. Man begrüßte die Planung, begleitete die Zustimmung aber mit kritischen Fragen: Die Stadt soll mitteilen, wie lang der Rückstau im Schmuckerweg während der Spitzenstunde mit laut Prognose 12500 Autos sein werde und welche Auswirkungen das auf die Buslinie 139 habe. Das Gremium will ferner wissen, ob der Rückbau notfalls wieder rückgängig gemacht werden könnte - und ob dies dann etwa negative Auswirkungen auf die Förderfähigkeit des Projekts haben könnte.

Dessen ungeachtet fiebern alle dem eigentlichen Umbau entgegen, der die Truderinger Straße in dem Abschnitt zum "Boulevard" machen soll. Münchner Gehwegplatten werden unterbrochen von Natursteinstreifen; es kommen Sitzobjekte, Bänke, auf Höhe der Max-Rothschild-Straße eine Brunnenanlage, eine neue Straßenbeleuchtung, zwei Zebrastreifen, barrierefreie Buswartehäuschen. Aber nicht alle Eigentümer haben den für ein Projekt aus einem Guss nötigen Grund vor ihren Häusern und Läden an die Stadt verkaufen wollen, manche haben offenbar auf entsprechende Angebote gar nicht reagiert. Doch das Baureferat will nun Widmungszustimmungen einholen oder Dienstbarkeitsvereinbarungen schließen. Notfalls werde die neue Gestaltung entlang der jeweiligen Privatflächen "etwas schmäler" ausfallen.

© SZ vom 19.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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