Trudering:Das virtuelle Viertel

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Schüler des Truderinger Gymnasiums sind für eine ausgefallen Idee ausgezeichnet worden: Sie entwarfen mit dem Computerspiel "Minecraft" ein Modell des Stadtentwicklungsprojekts im Münchner Nordosten

Von Melanie Staudinger, Trudering

Nein, Atomkraftwerke haben in der Welt der Truderinger Gymnasiasten nichts verloren. "Wir wissen seit Tschernobyl und Fukushima doch genau, was da passieren kann", sagt der Achtklässler Alan Zwitbaum-Tilch. Hochhaussiedlungen wie im Hasenbergl oder in Neuperlach sollen im Münchner Nordosten ebenfalls nicht entstehen, finden die Schüler. Während Stadträte und Architekten in der realen Welt noch diskutieren, wie das neue Stadtviertel für rund 30 000 Einwohner und mit 10 000 Arbeitsplätzen aussehen könnte, hat das Gymnasium Trudering längst einen "Plan Nord Ost" erstellt.

Damit sind die Jugendlichen nicht nur beim Münchner Schulwettbewerb zur Stadtentwicklung ausgezeichnet worden, sondern sie belegten jetzt auch den zweiten Platz beim bayernweiten Crossmedia-Wettbewerb in der Sparte 3 D, den das Kultusministerium zusammen mit dem Bayerischen Rundfunk ausgelobt hatte.

Das Besondere: Die Schüler haben ihren Plan nicht etwa gezeichnet, sondern ihre Ideen mit dem Computerspiel "Minecraft" umgesetzt. Gemeinsam mit Ulrich Tausend, Lorenz Groll sowie Maximilian Winter vom Institut für Medienpädagogik (JFF) und dem Landschaftsarchitekten Thomas Heinemann setzten sich die jungen Baumeister mit dem Stadtentwicklungsprojekt im Münchner Nordosten auseinander. Dort plant die Stadt auf einer Fläche, die so groß ist wie 840 Fußballfelder, ein neues Stadtviertel, das westlich durch Johanneskirchen und Daglfing, im Osten durch das Pferdesportareal und Riem begrenzt wird.

Spielerische Visionen: Truderinger Schüler präsentieren ihre preisgekrönten Entwürfe für das neue Quartier, in dem einmal 30 000 Menschen leben sollen. (Foto: Catherina Hess)

"Die Schüler wollten schon lange etwas mit Minecraft im Unterricht machen", sagt Kunstlehrerin Alessandra Farallo, die das Projekt mit ihrem Kollegen Daniel Schüssler leitete. Das aber sei problematisch gewesen, weil sich das Spiel nicht problemlos auf den Rechnern der Schule habe installieren lassen. Deshalb habe sich die Schule beim JFF beworben; die Experten brachten die Technik mit. Die zentrale Frage lautete: Wie kann den Interessen und Wünschen von Jugendlichen im Stadtviertel Rechnung getragen werden?

Darauf hatten die Schüler schnell eine Antwort: Ein Schwimmbad müsse es geben, weil die jetzigen überfüllt seien, wie Alan Zwitbaum-Tilch berichtet. Dazu Wohngebiete mit schönen Häusern, auf die die Bewohner stolz sein könnten; viele Erholungsflächen, grüne Parks - und natürlich Geschäfte. "Wir alle spielen seit mindestens zwei Jahren, es war also sehr leicht", sagt Alan Zwitbaum-Tilch. Spannend sei das Projekt trotzdem gewesen. "Es gibt bei Minecraft so viele Blöcke, mit denen man architektonisch richtig was anstellen kann", sagt der Achtklässler.

Die Schüler erhielten einen Anhänger in Form eines Schwerts, dem Werkzeug des "Minecraft"-Spielers. (Foto: Catherina Hess)

Drei Tage lang entwarfen sie ihren idealen Münchner Nordosten mit den Profis. Die Gestaltung der Gebäude fügten sie im Zeitraffer zu einem Film zusammen und vertonten diesen. Zum Abschluss des Projekts ließen sie ihren Plan zumindest im Kleinen Realität werden: Alle Modelle wurden mittels 3-D-Drucker ausgedruckt. Das gefiel der Wettbewerbs-Jury. Der crossmediale Charakter finde seine volle Anwendung, hieß es. "Von der Idee, dem Einsatz einer Skizze, Zuhilfenahme digitaler Vorstellungsmöglichkeiten, Gestaltung und Bau der Gebäude mit Minecraft, Produktion eines Filmes und der Realisierung der Modelle mit einem 3-D-Drucker wurde hier sehr crossmedial gearbeitet", erklärt eine Sprecherin. Den Jugendlichen jedenfalls hat es gefallen - sie wollen das Projekt auf jeden Fall wiederholen.

© SZ vom 23.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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