Thalkirchen:Selbstbestimmtes Lernen

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Sudbury-Schulverein will in Thalkirchen Fuß fassen und ein altes Lagerhaus nutzen

Von Jürgen Wolfram, Thalkirchen

Der Verein Demokratische Schule München ist auf der Suche nach einem Gebäude, um seine erste Bildungsstätte nach dem Sudbury-Modell in der bayerischen Landeshauptstadt zu eröffnen. Im Auge hat er dafür ein ehemaliges Lagergebäude an der Frauenbergstraße in Thalkirchen. Die Baracken dahinter könnte er sich als Ateliers vorstellen. Vorstandsmitglied Natascha Haase ist deshalb bereits beim Bezirksausschuss 19 vorstellig geworden und hat um Unterstützung für die Pläne ihres Vereins gebeten. Die "Schule für Potenzialentfaltung und Vielfalt" soll mit 35 Schülerinnen und Schülern starten und höchstens 50 Kinder aufnehmen.

"Wir brauchen unbedingt ein Schulgebäude, denn wir wollen im Schuljahr 2016/2017 Eröffnung feiern. Und es sollte nicht weiter als 30 Minuten vom Marienplatz entfernt sein." Mit diesen Worten stellte Haase das Projekt ihres Vereins im Bezirksausschuss vor. Die Einrichtung in München wäre die zweite ihrer Art in Bayern. Eine Sudbury-Schule leiste einen "wichtigen Beitrag für zeitgemäße und zukunftsorientierte Bildung" und wäre für München ein großer Gewinn, erklärte Natascha Haase, die sich die Arbeit im Vereinsvorstand mit Claus Rüegg, Melanie Ruppel und Danielle Kaisig teilt. Das Quartett sucht nicht nur Räume, sondern vor allem auch geeignete Lehrkräfte, interessierte Schüler zwischen sechs und 18 Jahren sowie engagierte Eltern - "begeisterte Menschen, die andere mit der Idee des selbstbestimmten Lernens anstecken". Geld- und Sachmittel wären gleichfalls willkommen. Die erste Sudbury-Schule wurde vor mehr als 45 Jahren im Sudbury Valley im US-Bundesstaat Massachusetts eröffnet. Ihr Hauptansatz ist selbstbestimmtes Lernen. Das Modell hat Schule gemacht; vergleichbare Einrichtungen gibt es auf der ganzen Welt, unter anderem in Japan, Israel, Australien, Dänemark und Holland. Der Verein Demokratische Schule München e.V. wurde im November 2014 ins Leben gerufen. Seine geplante Schule soll "Teil der pluralistischen Bildungslandschaft in Bayern" werden und das Bildungsangebot der Stadt erweitern.

Ziel einer Sudbury-Schule sei es, "durch konsequente Altersmischung, selbstbestimmtes Lernen und eine von Freude und Vertrauen geprägte Atmosphäre" einen Rahmen für die Wandlung der Bildungslandschaft zu bieten. Jeder Schüler soll in seiner Einzigartigkeit begriffen werden, Zeit und Raum erhalten, "neue Ideen und Vielfalt in die Welt zu tragen".

Dem Sudbury-Modell aus den USA liege vor allem die Überzeugung zugrunde, "dass der Mensch schon als Kind wie ein Samenkorn sein ureigenes Potenzial in sich trägt". Die Schüler sollen hier die meiste Zeit spontan lernen, indem sie spielen, sich unterhalten und anderen zusehen. Sie dürfen Arbeitsgruppen bilden, Projekte gemeinsam organisieren, Kurse initiieren und sogar ihren eigenen Lehrplan entwickeln. Lernbegleiter stehen in diesem Prozess zwar zur Verfügung, machen jedoch keine Vorgaben.

Alle Angelegenheiten der Schule würden in wöchentlichen Versammlungen demokratisch geregelt, Konflikte in einem Rechtskomitee gelöst. "So erleben die Schüler ganz konkret, dass sie gehört, gesehen und respektiert werden, und lernen, ihre Bedürfnisse und Wünsche für andere nachvollziehbar vorzutragen", heißt es in einer Info-Broschüre des Vereins Demokratische Schule.

© SZ vom 17.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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