Thalkirchen:Fenster in die Vergangenheit

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Erinnerungsblatt am Campingplatz zeigt die Geschichte der Flößerei

Von Jürgen Wolfram, Thalkirchen

Luxusreisen einst und jetzt: Wer heute komfortabel von München nach Wien reisen will, kauft sich ein Erste-Klasse-Ticket für die Bahn oder den Flieger. Vor 300 Jahren bestellte er sich ein so genanntes Ordinari-Floß, auf dem eigens für den verwöhnten Kunden ein Blockhaus errichtet wurde, eher er via Isar und Donau in Richtung österreichische Hauptstadt schipperte. An Kuriositäten dieser Art erinnert jetzt in historischen Bildern eine Druckfolie, ein "Info-Fenster", das schräg gegenüber der Thalkirchner Zentrallände an die Gaststätte des Campingplatzes drapiert wurde. Das Werk stammt von Franz Schiermeier und zeigt neben Darstellungen aus dem Flößerleben ein Schema der Flussläufe von Loisach und Isar, das der Orientierung nachhilft.

"Die Schaufolie hat uns die Augen geöffnet, welch eine bewegte Geschichte unser Areal hat", sagte Campingplatz-Pächter Klaus Bartl bei der Enthüllung des Werks. Helga Lauterbach, die Vorsitzende des Flößer-Kulturvereins München-Thalkirchen, nannte die gesamte Atmosphäre rund um die Zentrallände "jetzt erst recht einzigartig für eine Großstadt". Das vom Bezirksausschuss und der Stadtsparkasse finanziell geförderte, großformatige Erinnerungsblatt zeigt nach Ansicht von Historikern sehr anschaulich, "wie früher an den Floßländen die Post abging, vor allem wenn Bier aus Bad Tölz eintraf". Da mochten die zahlreichen Ehrengäste bei der Vorstellung des Info-Fensters nur zustimmen.

Nach Informationen zur Geschichte der Thalkirchner Zentrallände hatten Passanten bisher vergeblich gesucht. Dabei steht sie seit 1899, als alle anderen Münchner Länden aus verkehrspolizeilichen Gründen geschlossen wurden, im Zentrum des Flößereigeschehens. Von Mai bis September legen hier fast täglich die traditionellen Ausflugsflöße aus Wolfratshausen an. Am anderen Ufer entstand von 1953 an einer der schönsten Campingplätze Deutschlands. Ergänzt wurde er in den 1960er-Jahren durch einen Gaststätten-Pavillon mit kanalseitigem Balkon. Die öffentlich zugängliche Wirtschaft ist unlängst modernisiert und erweitert worden. Jetzt kann man dort auch erfahren, was es mit der Flößerei auf sich hat. Und das in einer Weise, "so bewegt wie das Leben selbst", befand Michael Kiefer, Pfarrer von St. Maria Thalkirchen.

© SZ vom 19.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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