Thalkirchen:Falsche Richtung

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Proteste gegen die Aufstockung der Wohnanlage an der Alfred-Schmidt-Straße und drohende Gentrifizierung

Von Jürgen Wolfram, Thalkirchen

90 Anwohner der Alfred-Schmidt-Straße in Thalkirchen wehren sich gegen Tendenzen zur Gentrifizierung sowie gegen "unzumutbare Belastungen und eine nicht akzeptable Verschlechterung der Wohnbedingungen" in ihrem Viertel. In Resolutionen an die Lokalbaukommission der Stadt München und den Bezirksausschuss kritisieren sie konkret die geplante Aufstockung der Wohnanlage Alfred-Schmidt-Straße 45-49 um drei Geschosse sowie den Umbau von Kellerräumen zu gewerblichen Zwecken.

Die Anwohner-Sprecher Magdalena Holzwarth, Sigrid Sagstetter und Robert Patzel erinnern in ihren "Einwendungen" daran, dass es sich bei den Häuserblocks auf der gegenüber liegenden Straßenseite um eine denkmalgeschützte Wohnanlage aus dem Jahr 1927 handelt. Ihre Wirkung im Stadtbild würde "extrem beeinträchtigt", sollte die Baulinie künftig über die Firsthöhe ihrer Häuser hinausgehen. Es sei damit zu rechnen, dass der Neubau wegen seiner Höhenentwicklung, der Dachform und massiver Glasflächen die Gegend zwischen Schäftlarnstraße und Pognerstraße auf Höhe der Alfred-Schmidt-Straße "absolut dominieren" würde.

Zu beachten sei ferner die "dauerhaft angespannte Parkplatzsituation" im Umgriff des Bauvorhabens. Durch Heerscharen von Isar- und Tierparkbesuchern, Pendlern und Besuchern der umliegenden Kliniken spitze diese sich permanent zu. Ein "präziser Stellplatznachweis" sei daher unbedingt erforderlich. Die Anwohner monieren zudem die Gefahr der Verdunkelung insbesondere der Häuser Alfred-Schmidt-Straße 34 und 36, die sich wertmindernd für die Immobilie auswirken könnte. Großen Wert legen die beunruhigten Thalkirchner nicht zuletzt darauf, dass die Aufstockung in ihrer Nachbarschaft mit der Schaffung geeigneter Freispielflächen für Kinder einhergeht. Gerade auch in diesem Punkt müsse die Lokalbaukommission "die Ansprüche der Allgemeinheit rigide durchsetzen".

Schließlich stören sich die aufgebrachten Anwohner an klassischen Merkmalen der Gentrifizierung. "Hier sollen erkennbar keine Wohnungen für die normale Wohnbevölkerung, sondern ausschließlich Einheiten fürs Luxus-Segment entstehen", heißt es in dem Hilferuf an den Bezirksausschuss. Das werde weder die Stadt in ihrem fieberhaften Bemühen um zusätzlichen Wohnraum, noch das Viertel als Ganzes voranbringen. Thalkirchen treibe durch solche Entwicklungen "in eine falsche Richtung".

Zumindest die Stadtbezirksvertretung sieht das ähnlich. Sie bekräftigte jetzt einhellig eine frühere kritische Stellungnahme zur Bauvoranfrage für das Aufstockungsprojekt. Explizit irritiert den Bezirksausschuss, dass die geforderten Abstandsflächen nicht eingehalten würden. Solche Versäumnisse gingen in einem sensiblen, überwiegend denkmalgeschützten Karree gar nicht, hieß es.

© SZ vom 28.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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