Thalkirchen:Enttäuschte Hoffnung

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Das Planungsreferat sieht keine Chancen für eine Erhaltungssatzung im Stadtviertel. Im Gebiet zwischen Wolfratshauser Straße, Schäftlarnstraße, Pullacher Platz und Fraunbergstraße reicht das Aufwertungspotenzial dafür nicht aus

Von Jürgen Wolfram, Thalkirchen

Die Hoffnung vieler Bewohner Thalkirchens auf einen besseren Schutz vor Verdrängung durch Luxussanierungen sowie die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen dürfte nicht aufgehen. Wie aus einem Untersuchungsbericht des Referats für Stadtplanung und Bauordnung hervorgeht, der demnächst im Rathaus diskutiert wird, sieht die Verwaltung keine ausreichende Begründung zum Erlass einer Erhaltungssatzung für das Gebiet zwischen Wolfratshauser Straße und Schäftlarnstraße, Pullacher Platz und Fraunbergstraße.

Wohnraum wie dieser hätte durch den Erlass einer Erhaltungssatzung geschützt werden können: Häuserzeile an der Schachnerstraße. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Anders als in Teilen von Haidhausen, Neuhausen, der Maxvorstadt, dem Schlachthofviertel oder Sendling, wo das kürzlich verschärfte Regelwerk Anwendung findet, sei das Aufwertungs- und Verdrängungspotenzial in Thalkirchen "in der Summe" zu gering, um zum Instrument der Erhaltungssatzung zu greifen, stellt das Planungsreferat fest. Der Bezirksausschuss (BA) Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürstenried-Solln hat irritiert bis enttäuscht auf diese Bewertung reagiert. Seine Zweifel will das Stadtviertelgremium dem Planungsreferat noch vortragen. In Thalkirchen gebe es kein größeres zusammenhängendes Gebiet, "in dem aktuelle oder zu erwartende Aufwertungsprozesse dominieren", heißt es in der vom Stadtrat angeforderten Referatsstudie. Kleinere Teilbereiche, die homogener in ihrer Bebauung sind und von Aufwertungsaktivitäten betroffen sein könnten, umfassten weniger als 1500 Wohneinheiten und eigneten sich von daher nicht für den Erlass einer Erhaltungssatzung.

An der Alfred-Schmidt-Straße. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Der Anteil der Haushalte und Bevölkerungsgruppen im Untersuchungsgebiet, die bei einer Umwandlung oder Luxussanierung und den damit verbundenen Mieterhöhungen verdrängungsgefährdet wären, liege unter dem städtischen Durchschnitt. Das Aufwertungspotenzial des Gebäudebestandes falle entsprechend "unterdurchschnittlich" aus, so das Planungsreferat.

Im Untersuchungsgebiet sollen sich 30 Prozent der Wohnungen in Altbauten befinden, die vor 1949 entstanden sind. Mehr als ein Drittel der Wohnungen stamme aus den 1950er- und 1960er-Jahren. Damit zeigten sich die Werte gegenüber dem gesamtstädtischen Durchschnitt "leicht erhöht". Für Kommunalpolitiker aus dem Viertel belegen diese Zahlen geradezu die Notwendigkeit eines Milieuschutzes im Kerngebiet Thalkirchens. Ähnlich schätzt der Mieterverein München die Lage ein. Er plädiert seit Längerem für eine Verschärfung der Erhaltungssatzung; für noch besser halte er eine durchgreifende Bodenrechtsreform sowie eine Mietpreisbremse, die auch tatsächlich funktioniert.

Mit der neuen Verordnung sollen Mieter in ganz München vor der Umwandlung in Eigentumswohnungen geschützt werden. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Milder bewertet das Planungsreferat die Verhältnisse im Thalkirchner Untersuchungsgebiet. Die Wiedervermietungsmieten dort entsprächen in etwa dem Durchschnitt für die Mieten außerhalb des Mittleren Rings. Vereinzelt könne man an diesem, seiner Nähe zur Isar wegen attraktiven Wohnstandort durchaus Häuser finden, deren Aufwertungspotenzial noch nicht ausgeschöpft wurde, räumt das Referat ein. Es handle sich dabei jedoch überwiegend um räumlich getrennte kleinere Bereiche. Ein größeres zusammenhängendes Gebiet, in dem eine Aufwertung und damit die Verdrängung der angestammten Wohnbevölkerung oder sonstige negative städtebauliche Auswirkungen belegbar wären, habe man bei einer Überprüfung "nicht identifizieren" können.

In München gibt es derzeit 21 Gebiete mit Erhaltungssatzungen, der Start erfolgte 1987 im Areal rund um den Pündterplatz sowie in der Georgen- und Zentnerstraße in Schwabing. Der Schutz, der von der Stadt auf diese Weise erreicht wird, kommt heute etwa 261 000 Einwohnern in rund 144 600 Wohnungen zugute.

© SZ vom 25.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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