Tauben:Zu viele Flieger

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Anwohner eines Schwabinger Karrees leiden zunehmend unter einer Taubenplage. Bis zu 70 Vögel haben sie auf einzelnen Dachgiebeln gesichtet. Netze an Balkonen und Taubennägel halten die Tiere kaum ab

Von Ellen Draxel, Schwabing

Wer einen Balkon hat, will ihn auch nutzen. Für die Bewohner des Karrees Clemens-, Schleißheimer, Leonhard-Frank- und Hiltenspergerstraße ist das aber inzwischen kaum mehr möglich. Der Grund: Taubenkot.

"Wir leiden von Jahr zu Jahr stärker unter der Taubenplage", erzählt ein Anlieger, der dort seit 25 Jahren wohnt. Bis zu 70 Tauben haben er und seine Nachbarn auf einzelnen Dachgiebeln gezählt. Und der Populationsdruck, sagt er, werde immer stärker. "Jetzt versuchen die Tauben bereits, in den angrenzenden Gebieten Nester zu bauen." Netze und Taubennägel haben die Schwabinger an ihren Freisitzen schon angebracht. Doch bei so vielen Tieren helfen selbst diese Vorsorgemaßnahmen wenig.

Nur ein Beispiel von vielen. Die Stadt ist sich des Taubenproblems bewusst, auch wenn es keine genauen Zahlen gibt, wie viele der Vögel tatsächlich in München leben. Aber dass sie zu zahlreich geworden sind, macht sich laut dem Referat für Gesundheit und Umwelt an den sehr hohen, durch Taubenkot verursachten Reinigungskosten sowohl an Gebäuden als auch auf Wegen und Plätzen im öffentlichen und privaten Bereich bemerkbar.

Seit März gilt deshalb ein Taubenfütterungsverbot. Den Tieren gelegentlich ein paar Brösel zuzuwerfen wird noch nicht geahndet. Wohl aber das "regelmäßige Füttern mit größeren Mengen", wie Umweltreferentin Stephanie Jacobs erklärt. Wer wiederholt dabei erwischt wird, wie er Tauben mit Nahrung versorgt, muss mit einer Geldstrafe von bis zu 1000 Euro rechnen. Tauben, betont die Referentin, verhungerten nicht, wenn sie nicht zusätzlich gefüttert werden. "Sie müssen lediglich ihren Radius zur Futtersuche erweitern, wie dies auch in der Natur geschehen würde."

Stadttauben stammen von den Felsentauben ab und sind sehr gute Flieger, sie können problemlos Wiesen und Grünflächen mit Samen aufsuchen, die mehrere Kilometer entfernt liegen. Das Füttern dagegen macht sie eher krank: Sie leiden dadurch an Bewegungsarmut und Vitaminmangel und sind empfänglicher für Parasiten. Außerdem nutzen sie die Zeit, die sie nicht mit der Futtersuche verbringen, zur Fortpflanzung - sogar im Winter.

Die Tauben in besagtem Schwabinger Karree scheinen ebenfalls gefüttert zu werden, laut dem Bewohner der Clemensstraße liegt dort immer wieder Futter auf dem Grünstreifen. Der Mann weiß auch von "kiloweise Maiskörnern" zu berichten, die jemand "offensichtlich" hinter Glascontainern an der Ecke Hiltensperger-/Clemensstraße deponiert. Für den Innenstadt-Teilbereich zwischen Karl- und Lindwurmstraße sowie Paul-Heyse-/Seidlstraße und dem Herzog-Wilhelm-Park überwacht vom 2. Juli an ein neues, beim Kreisverwaltungsreferat (KVR) angesiedeltes Team, der sogenannte Kommunale Außendienst, unter anderem die Fütterungsplätze. Das westliche Schwabing jedoch fällt nicht in dieses Gebiet. Einzige Möglichkeit für die Bewohner wäre deshalb laut der Sprecherin des Umweltreferats, Martina Weinzierl, "namentlich bekannte, fütternde Personen bei der Bußgeldstelle im KVR unter Benennung mindestens eines Zeugen zu melden".

Anzeigen gegen Unbekannt seien bei der zuständigen Polizeiinspektion möglich. Der Einsatz von Greifvögeln zur Taubenvergrämung hingegen, wie er etwa in der Shopping-Passage unter dem Stachus erfolgreich praktiziert wurde, "ist im Freien nicht sinnvoll und außerdem sehr teuer", so Weinzierl. "Er müsste von den Eigentümern der Grundstücke und Häuser selbst finanziert werden.

© SZ vom 21.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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