Tanz:Männer im Schwebezustand

Lesezeit: 1 min

Mit "Unstern" bringt der Münchner Choreograf Moritz Ostruschnjak eine Uraufführung ins Schwere Reiter.

Von Rita Argauer

Zuviel Ironie war dann wohl doch nicht angemessen. Bis vor einigen Tagen wurde das neue Stück des Münchner Choreografen Moritz Ostruschnjak unter dem Titel "Hurra" angekündigt. Nun verdüsterte der Münchner Künstler seine anstehende Uraufführung durch eine Namensänderung noch einmal gehörig: "Unstern" heißt seine Choreografie nun, also unter einem schlechten Stern stehend, ein Begriff, der seit dem 16. Jahrhundert belegt ist und für ein schlechtes Vorzeichen und ein ungünstiges, böses Geschick steht. Doch genau in diesem taumelnden Schwebezustand zwischen Euphorie und einem näher kommenden Unheil siedelt Ostruschnjak seine neue Arbeit an.

Er orientiert sich dabei an den Jahren vor 1914, in denen sich für ihn das "moderne Europa" konstituierte, aber vor dem ersten Weltkrieg der Aufbruchsgeist der gesellschaftlichen Neuerungen in aggressive Zurschaustellung von Männlichkeit, Militarismus, Imperialismus und Nationalismus umschlug. Derzeit zieht man von dort aus gerne Parallelen in die Gegenwart. Und auch, wenn das eine bisweilen unnötige Weltuntergangsstimmung hervorruft, es lassen sich Muster von damals im Heute wiedererkennen. Doch Ostruschnjak, der als Tänzer bei so renommierten Kompanien wie etwa Wim Vandekeybus' "Ultima Vez" tanzte und in München als Choreograf bisher die Stücke "Text Neck" und "Boids" auf die Bühne brachte, ist jemand, der nicht zum allzu Plakativen neigt. Ästhetisch will Ostruschnjak "dem Thema der Moderne eine fast klassisch, minimalistische Anmutung" gegenübersetzen, "Euphorie, Ektase und Zusammenbruch stehen dabei unmittelbar beieinander".

Dabei richtet Ostruschnjak den Blick ausschließlich auf Männer und choreografiert im dunklen, leeren Bühnenraum für die vier Tänzer Eli Cohen, Antoine Roux-Briffaud, Gaetano Badalamenti und Lazare Huet. Schon in "Boids" beschäftigte er sich mit der Dynamik von Gruppen, damals unter einem eher zukünftigen Aspekt wie Schwarmintelligenz und künstlicher Intelligenz. In "Unstern" blickt er nun mit dieser Tanztechnik in die Vergangenheit. Die damit abgebildeten historischen Schrecken sollen dabei aber auch Fragen nach der Zukunft stellen.

Unstern, Donnerstag/Freitag/Samstag, 13./14./15. September, je 20.30 Uhr, Schwere Reiter, Dachauer Straße 114

© SZ Extra vom 13.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: