Tag des offenen Denkmals:Nachhall aus vergangener Zeit

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Beim Tag des offenen Denkmals kann man sonst verschlossene Gebäude von innen entdecken und die Pasinger Eggenfabrik letztmals ohne Skater erleben

Von Jutta Czeguhn und Elena Butz, München

Fast würde man sich wünschen, dass der Denkmalschutzbeauftragte Rüdiger Schaar und die Historikerin Imke Gloth einen Menschen mit Gesangstalent oder einen Musiker zu ihrer Führung am Sonntag, 9. September, in die Montagehalle der ehemaligen Pasinger Eggenfabrik bitten. Die Akustik in dem Industriebau, der um 1909/1910 errichtet wurde, ist ziemlich sensationell. Am diesjährigen Denkmaltag nun wird man wohl zum letzten Mal Gelegenheit haben, diesen beeindruckenden Nachhall in seiner Reinheit und ohne Beeinträchtigungen zu erleben. Denn nicht nur im Zentrum, sondern auch in den Vierteln weiter draußen kann man an diesem Tag Gebäude von innen entdecken, deren Türen sonst verschlossen sind.

Nein, die Eggenfabrik wird nicht abgerissen. Schließlich ist der lang gestreckte Satteldachbau mit dem mehrfach geknickten Dach und Schweifgiebelfassaden in geometrisierendem Dekor ja ein Denkmal. Aber die Halle mit ihrer Tragkonstruktion aus Eisenfachwerk und Betonkassetten bekommt eine neue Aufgabe. Eggen allerdings, mit ihren Zinken, den Ackeraufreißern für die Saat, werden dort heute nicht mehr produziert. Die 1000 Quadratmeter große Halle, die in den vergangenen Jahren höchstens hin und wieder von Graffiti-Sprühern besucht wurde, wird zum Trendsportzentrum umgebaut. Skateboarder werden dort künftig über Rampen, Treppen oder Geländer gleiten, BMX-Räder über einen Street-Parcours hechten.

Im KiM Kino in Haidhausen kann man dem "alten München" nachspüren. (Foto: Veronica Laber)

Am Sonntag, 9. September, ist die Eggenfabrik, Hildachstraße 19, von 9.30 bis 13 Uhr geöffnet. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Die Führung mit Schaar und Gloth startet um 10 Uhr.

Während die Eggenfabrik mit ihrer Akustik beeindruckt, ist es bei den Ludwig-Richter-Höfen die Optik. Schier endlose, einheitliche Fensterreihen lassen die riesigen Wohnkomplexe mächtig wirken. Die Ludwig-Richter-Höfe in Laim waren wohnarchitektonisch für ihre Zeit ungewöhnlich. Sie wurden 1927 fertiggestellt und standen am Anfang der Phase, in der große Wohnbauten entstanden und das damals eher isolierte Laim näher an die Stadt heranrückte. Mit einem Bad in jeder Wohnung und Zwischentüren verfügten sie über einen unüblich hohen Standard. Die einheitlichen Fassaden der 27 Mehrfamilienhäuser sind einer der Gründe, warum die Anlagen unter Denkmalschutz stehen.

Führungen durch die Ludwig-Richter-Höfe an der Schedelstraße 5 finden am Sonntag, 9. September, stündlich von 11 bis 15 Uhr statt.

Ebenfalls für zukunftsweisende Wohnarchitektur, aber ein paar Jahrzehnte später, ist das Olympiadorf ein Beispiel. Es zeigt, wie es gelingen kann, geschickt Bereiche zu trennen, die auseinandergehören, und solche zu verbinden, die zusammen besser wirken. Auto- und Fußgängerverkehr sind dort getrennt. Die Orte, an denen privates und gesellschaftliches Leben stattfinden, sind dagegen verbunden. Die Bereiche, in denen die Menschen arbeiten und sich erholen, gehen ineinander über. Die Einwohner des Dorfes gestalten ihr Umfeld seit mehr als 40 Jahren aktiv mit.

Deshalb ist es interessant, zu hören, was Bewohner und Architekten bei den Führungen um 11 und 14 Uhr durch ihr Olympiadorf zu sagen haben, das zuerst ein Flugplatz war, bevor es bei der Olympischen Spielen 1972 Sportler beherbergte und seit Ende der Spiele als Wohnstätte genutzt wurde.

Das Olympiadorf lädt zum Architekten-Rundgang. (Foto: Florian Peljak)

Um die Kunst, zu verbinden, geht es auch in einem denkmalgeschützten Mietshaus mit Brauerei in Neuhausen, wo Braukunst und Baukunst in einem Haus sichtbar sein sollen. Im alten Gewölbekeller an der Richelstraße 26 ist zu sehen, wie Hobby-Bierbrauer ihr "Richelbräu"entstehen lassen, und zu kosten, wie die Verbindung aus Hopfen und Malz schmeckt.

Führungen finden im Richelbräu jeweils um 12, 14 und 16 Uhr statt, der Keller ist von 12 bis 18 Uhr geöffnet.

Im gleichen Viertel, am Rotkreuzplatz 8, ist von 14 bis 15 Uhr der Turm der Schwesternschule geöffnet. Er ist 60 Meter hoch und normalerweise der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Am Sonntag sind Mitglieder der Geschichtswerkstatt Neuhausen als Ansprechpartner dort. Wer den Tag lieber entspannt angehen will, kann sich in einem Sessel im "Kino im Einstein" an der Einsteinstraße 42 in Haidhausen vom Film des Münchner Kameramanns Klaus Bichlmeier unter anderem nach Giesing führen lassen, wo das "alte München" noch spürbar sein soll, dann zum Hotel am Rondell, dem geplanten Hotelneubau am Stachus und zum Abriss eines historischen Altbaus in Schwabing.

Das gesamte Programm kann man im Internet unter der Adresse https://tag-des-offenen-denkmals.de/laender/by/kreisfrei/7244/ herunterladen. Über alle geöffneten katholischen Kirchen informiert das Erzbistum München und Freising unter der Adresse https://www.erzbistum-muenchen.de/spiritualitaet/tag-des-offenen-denkmals

© SZ vom 07.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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