SZ-Serie: Bauch, Beine, Kopf:Gästeparade im Goldenen Buch

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Rezepte, Übungen und Rätsel für den Corona-Alltag daheim. Heute: Auf welche Einträge von Prominenten sind die Münchner nicht wirklich stolz?

Von Jakob Wetzel

München ist eine gastfreundliche Stadt. Das stimmt nicht erst in diesen Tagen, in denen ja die Biergärten nach unzähligen und dabei jeweils immer länger werdenden Wochen endlich wieder geöffnet haben. Sondern das gilt seit alters her - und ganz besonders gilt das traditionellerweise dann, wenn der Besuch eine gewisse Prominenz aufweist. Im Jahr 1530 etwa kam Kaiser Karl V. an die Isar. Der Habsburger war Herrscher über ein Weltreich in Europa und Lateinamerika; gerade war er auf dem Weg nach Augsburg, um sich dort mit den lutherischen Reichsständen zu streiten. Zuvor aber machte er Station in München, das damals ein Bollwerk der Gegenreformation war. Und Bayernherzog Wilhelm IV. bereitete ihm einen überwältigenden Empfang. Vor der Stadt ließ er eigens eine Ritterburg aus Stein, Holz und Leinwand errichten, die dann zur Feier des Tages mit Geschützen kleingeschossen wurde. Dazu gab es einen Schaukampf, der so leidenschaftlich ausgetragen wurde, dass es sogar Tote gab. Weiter ging es über die Isar - dort stachen sich Münchner Fischer gerade feierlich mit Stangen von ihren Booten - in die Stadt, wo ein Bankett und ein Feuerwerk auf den Kaiser warteten. Vier Tag später zog Karl V. weiter und hinterließ eine Menge Spesen.

Mehrere Jahrhunderte später fanden die Münchner dann eine günstigere Möglichkeit, auswärtige Gäste zu ehren: 1888 schafften sie ein Goldenes Buch an. Berühmte und wichtige Gäste sollten in dieses fortan ihre Namen hineinschreiben, ähnlich einem Poesiealbum. 3185 Gäste haben das getan - das heißt: Eigentlich waren es noch mehr, aber die Seiten für die Jahre von 1933 bis 1945 hat irgendwer herausgerissen - bis die Stadt 1963 einen zweiten Band anlegen musste, der bis heute in Gebrauch ist.

Der Eintrag ins Goldene Buch der Stadt geschieht in einer feierlichen Zeremonie, meist im Neuen Rathaus. Nicht immer ging dabei alles glatt. Im August 1963 etwa kam Mohammed Zahir, der König von Afghanistan, nach München. Als sein Konvoi ins Rathaus einfuhr, musste eines der Fahrzeuge bremsen und riss dabei ruckartig den roten Teppich weg, auf dem die Münchner Delegation wartete. Der Dritte Bürgermeister Albert Bayerle (SPD) zerbrach sich bei dem Sturz die Brille. 1967 wiederum protestierten rund 1500 Studenten gegen den Besuch des Schahs von Persien, Reza Pahlavi. Als der Gast ins Rathaus gefahren wurde, läuteten die Glocken der Frauenkirche und des Alten Peter, um die Demonstranten zu übertönen.

Negativ fiel auch jener Mann auf, der sich als erster prominenter Gast ins Goldene Buch der Stadt eintragen durfte. Wer war es?

A - Fulco Luigi Ruffo-Scilla, der damalige Nuntius des Papstes. Er ließ aus Bescheidenheit die erste Seite frei, was die Münchner sehr ärgerte.

B - Robert Koch. Der Mediziner litt unter einer Magenverstimmung und ließ Oberbürgermeister Johannes von Widenmayer fast eine Stunde lang warten.

C - Wilhelm II. Der Deutsche Kaiser und König von Preußen schrieb einen allzu selbstherrlichen Spruch ins Buch.

Nicht jeder Eintrag im Goldenen Buch machte die Münchner stolz auf den dazugehörigen Gast. (Foto: Alessandra Schellnegger)
© SZ vom 20.05.2020 / wet - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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