SZ-Adventskalender:Weihnachtliche Heimatsuche

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Krebs diagnostiziert, Ehe zerbrochen, Wohnung verloren: Sandra Müller wünscht sich für ihre Kinder ein neues Zuhause

Von Inga Rahmsdorf, München

Einen Alltag ohne ihre beiden Kinder kann Sandra Müller sich nicht vorstellen. Doch die 35-Jährige muss aus ihrer Wohnung ausziehen, sie kann die Miete nicht mehr zahlen. Ihr 14-jähriger Sohn Matthias wohnt bereits bei seiner Tante. Ihre siebenjährige Tochter Anja ( alle Namen geändert) soll zur Großmutter ziehen. Zumindest vorübergehend. Bis Sandra Müller eine neue Wohnung gefunden hat, und sie ihrer Tochter wieder einen strukturierten Alltag und ein geregeltes Umfeld bieten kann. Jeden Monat häuft sie weitere Schulden an. Nun muss sie erst einmal bei Freunden unterkommen. "Mal hier und mal dort auf dem Sofa schlafen", sagt sie. Das will sie Anja, die noch in die Grundschule geht, nicht zumuten.

Es graut Sandra Müller davor, die Wohnung auszuräumen. Es geht ja nicht nur um die Sachen, sagt sie. Sondern um zehn Jahre Familiengeschichte, die nun vorbei sind. Nach der Geburt ihrer Tochter diagnostizierten die Ärzte bei ihr Brustkrebs. Sie wurde mehrfach operiert, es folgten Chemotherapien. Als es ihr besser ging, machte Müller eine Ausbildung als Fitnesstrainerin und arbeitete viel. "Der Beruf war immer schon mein Traum gewesen", sagt sie.

Doch dann zerbrach ihre Ehe. Sandra Müller und ihr Mann versuchten die Beziehung noch zu retten, besuchten eine Paartherapie. Aber schließlich trennten sie sich, ihr Mann lebt mit einer neuen Freundin zusammen. Müller war auf einmal alleinerziehende Mutter von zwei Kindern. Sie musste sich um fast alles alleine kümmern, finanziell wurde es immer schwieriger. Der Vater zahlte seinen Unterhalt nur unregelmäßig. Anfang dieses Jahres erkrankte Müller erneut, sie musste sich ihre Gebärmutter entfernen lassen, seitdem ist sie krank geschrieben. Eigentlich sollte sie auch noch eine mehrwöchige Reha machen, doch bisher konnte sie ihre Kinder nicht alleine lassen.

Zu ihrem Sohn habe sie immer ein gutes und enges Verhältnis gehabt, sagt sie. Doch plötzlich sei die Beziehung schwierig geworden, es habe immer öfter Konflikte zu Hause gegeben, bis schließlich bei Matthias eine Depression festgestellt wurde. Er musste für einige Zeit in die Psychiatrie und braucht nun Abstand zu seiner Mutter. Kaum noch Kontakt zu ihrem Sohn zu haben, schmerzt Sandra Müller sehr.

Doch sie will nicht aufgeben, sondern weiter für ihre Kinder kämpfen. "Es kommen auch wieder bessere Zeiten", sagt sie zuversichtlich. Zu Weihnachten würden sie ihren Kindern gerne etwas schenken. Anja ist der Roller gestohlen worden und Matthias könnte ein neues Fahrrad gebrauchen. Für sich selbst wünscht sie sich nur, dass ihre Tochter bald wieder bei ihr wohnen und sie dem Mädchen ein neues Zuhause bieten kann - in einer kleinen Wohnung und mit einem ruhigen Alltag.

© SZ vom 22.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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