SZ-Adventskalender:Überlebt, aber das Leben verloren

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Unter den Folgen eines Unfalls leidet Sönke P. bis heute. Ein Laptop würde ihm helfen

Von Monika Maier-Albang

Das Datum wird Sönke P. nie vergessen: der 30. April 1998, ein "einschneidender Tag", wie er es formuliert. Er war mit dem Rad in der Prinzregentenstraße unterwegs, kam von einer Vorlesung, als er einen Unfall hatte. Ein Inlineskater fuhr in ihn hinein. P. stürzte, schlug mit dem Kopf gegen einen Pflanztrog aus Beton und zog sich dabei schwere Verletzungen zu. Die Zähne waren zertrümmert, das Schlüsselbein ebenso. Vor allem aber erlitt er ein schweres Schädelhirntrauma. Dieser Unfall dominiert bis heute sein Leben. "Ich habe überlebt, aber ich habe trotzdem mein Leben verloren", sagt P..

Sönke P. ist sehr belesen. Er hatte begonnen, seine Familiengeschichte aufzuschreiben, da wurde ihm sein Computer gestohlen, und alles war weg. (Foto: Claus Schunk)

Was folgte, beschreibt P. als "Odyssee durch Krankenhäuser und Rehabilitationskliniken". Zahlreiche Operationen waren nötig, bis P. seine Schulter wieder bewegen konnte. Die Zähne sind mittlerweile auch ersetzt. Was ihn aber bis heute beeinträchtigt, ist die Verletzung am Gehirn. Der präfrontale Cortex sei bei dem Unfall zerstört worden, sagt P., eine Wesensänderung ging damit einher.

P. verlor seine Arbeit, hatte mehrere Herzinfarkte, die Ehe ging in die Brüche. Schließlich wurde er wohnungslos, lebte eine Zeitlang auf der Straße, danach in Pensionen und auch jetzt sucht er eine Wohnung. Er ist enttäuscht von Menschen, von denen er Hilfe erwartet hätte: bei der Polizei, der Stadt, der SPD, der Partei, in der er lange aktiv war und deren Geschichte er bis ins Detail kennt.

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(Foto: SZ)

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Sönke P. ist sehr belesen. Neue Bücher kauft er günstig in der Bücherkiste der Pfennigparade. Was ihm fehlt, ist ein Laptop. Er möchte erreichbar sein, seine Schriftwechsel mit Ämtern und Krankenkassen regeln. Sein alter Laptop wurde ihm in der Bayernkaserne gestohlen, erzählt Sönke P. Für ihn ist es ein doppelter Verlust: Das Gerät fehlt ihm. Er wünscht sich, wieder berufstätig zu sein. Und ein Laptop, so hofft er, werde ihm den Weg in die Selbstständigkeit erleichtern. Aber auch der Inhalt des entwendeten Geräts ist ja unwiederbringlich verloren. Fünf Jahre lang hatte Sönke P. an der Geschichte seiner Familie geschrieben, das Manuskript war nur auf der Festplatte gespeichert. "Jetzt ist alles weg."

© SZ vom 27.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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