SZ-Adventskalender:Geld ist knapp

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Nach ihrer Flucht quält Lisha M. die Unsicherheit

Von Inga Rahmsdorf, München

Lisha M. krempelt ein Hosenbein und einen Ärmel hoch und zeigt dunkle Flecken und Narben. Die 30-Jährige ist vor fünf Jahren aus Nigeria geflohen. Ihr Vater wurde ermordet, als sie 13 Jahre alt war. Vor den Augen der Mutter sei er in kleine Teile zerhackt worden, erzählt sie. Lisha M. wurde vergewaltigt und mit Messern attackiert. Mit ihren Geschwistern und ihrer Mutter ist sie aus ihrem Heimatort geflohen. "Vorher hatten wir ein gutes Leben, ich war auf einer guten Schule", sagt sie. Dann musste sie auf der Straße betteln. Schließlich entschloss sich Lisha M., ins Ausland zu gehen, um Arbeit zu suchen und ihre Familie zu unterstützen.

Sie zog nach Libyen, eine Frau hatte ihr einen Job als Friseurin versprochen. Doch als Lisha M. dort ankam, sollte sie als Prostituierte arbeiten. Sie floh erneut und kam schließlich nach einigen Jahren Flucht nach Deutschland. Das ist nun zweieinhalb Jahre her. Lisha M. war schwanger, bekam einen Sohn und wurde in eine Münchner Gemeinschaftsunterkunft untergebracht - ihr Mann in einer Unterkunft in Dortmund. "Es war sehr aufwendig und hat lange gedauert, bis wir erreichen konnten, dass ihr Mann auch nach München verlegt wird", sagt Jonas Goll, Sozialpädagoge vom Alveni Sozialdienst der Caritas, der Lisha M. und die anderen 150 Flüchtlinge in der Unterkunft betreut. Lisha M. hat vor einem halben Jahre eine Tochter bekommen, nun leben sie zu viert in einem Zimmer der Gemeinschaftsunterkunft. Auf der Etage wohnen 30 Flüchtlinge, sie teilen sich eine Dusche und zwei Toiletten.

Lisha M. macht sich große Sorgen um ihre Mutter, die in Nigeria im Sterben liegt. Und sie weiß nicht, wie es für sie selbst und ihren Mann weitergeht. Nach mehr als drei Jahren in Deutschland hatte sie immer noch nicht ihre Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, über ihren Asylantrag ist noch nicht entschieden worden. Eine Unsicherheit, die sie quält.

Die 30-Jährige wünscht sich, dass sie einen Job findet, mit dem sie ihre Familie ernähren kann. Das Geld ist sehr knapp. Oft reicht es nicht für warme Winterkleidung für die Kinder, für Windeln, Essen und Spielzeug. Was sie sich für ihre Kinder wünscht? "Ich will nicht, dass sie so leiden müssen, wie ich leiden musste", sagt Lisha M. In Deutschland hätten ihr Sohn und ihre Tochter eine gute Zukunft. "Sie können zur Schule gehen, lernen, arbeiten und eine Familie gründen."

© SZ vom 18.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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