SV Pullach:Die Sache mit dem Verfallsdatum

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Angestellt: Alexander Benede (links, dahinter Kapitän Andreas Roth) hat im Frühjahr erst in Pullach verlängert. Viele andere Personalien sind offen. (Foto: Claus Schunk)

Der Vorjahresmeister lässt erneut Punkte liegen. Trainer Schmöller will weitermachen, kündigt aber Zugänge in zweistelliger Zahl an.

Von Stefan Galler, Pullach

Von Frank Schmöller, Fußballtrainer des SV Pullach, heißt es in der Branche, er sei knallhart zu seinen Spielern. Und manchmal in der Wahrnehmung der Leistungen ein bisschen antizyklisch: Harsche Kritik gibt es oft ausgerechnet in Phasen, in denen es ganz gut läuft; dagegen nimmt er die Kicker in Schutz, wenn sie kein Bein auf den Boden bekommen. Manchmal haut der 51 Jahre alte Hanseate auch einen fast philosophischen Spruch raus. Etwa jenen: "Der Fußball ist 150 Jahre alt, und er wird sich auch in den nächsten 200 Jahren nicht grundlegend ändern." Damit spielt der Coach des Bayernliga-Meisters von 2017 darauf an, dass man in der kleinen Krise der Isartaler ziemlich gut ablesen könne, wer das Zeug dazu hat, auch künftig das Pullacher Trikot zu tragen. "Wer sich jetzt zerreißt und zu 100 Prozent mitzieht, gibt Signale, dass er auch für die neue Saison bereit ist", sagt Schmöller.

Derart eindeutige Signale sah er am Samstag allenfalls zu Beginn, als sein Team den TuS Holzkirchen beherrschte und Daniel Leugner (26.) zur Führung traf. Doch dann setzte sie sich doch fort, die seit Wochen anhaltender Serie der Raben ohne Sieg. Stefan Lechner (37.) erzielte den Ausgleich, der zugleich Endstand war. Dabei hatte Schmöller gemeint, sein Team habe beim 2:2 in Kottern zuletzt einen Schritt nach vorn gemacht: "Da haben wir nach dem schwachen Auftritt beim 1:3 gegen die Löwen eine gute Reaktion gezeigt."

"Wir brauchen dringend frisches Blut", sagt Trainer Frank Schmöller

Eines steht für Schmöller nach der freudlosen Serie von sieben Partien fest: Ein Umbruch muss her, der Kader soll im großen Stil verändert werden. Es sollen Zugänge in "zweistelliger Anzahl" kommen. Das hatte sich im März noch anders angehört, damals verlängerte der Verein die Verträge mitt Alexander Benede, Lukas Dotzler und Christoph Dinkelbach; Manager Theo Liedl erklärte, er setze auf Kontinuität. Doch die Vorzeichen haben sich verändert: "Wir brauchen dringend frisches Blut", sagt Schmöller, der als Profi unter anderem für den HSV und die SpVgg Unterhaching gespielt hat. Er kennt das Geschäft also von beiden Seiten und weiß, welche Konsequenzen aus bestimmten Konstellationen entstehen. In Pullach ist es so, dass der Klub nicht über die Infrastruktur verfügt, um die vom Bayerischen Fußball-Verband festgelegten Zulassungsvoraussetzungen zur Regionalliga zu erfüllen. Weshalb man in der vergangenen Saison auf den als Meister sportlich erreichten Aufstieg verzichten musste. Und auch in der aktuellen Saison erklärten die Verantwortlichen des SV frühzeitig, dass sie im Fall einer Titelverteidigung abermals keine Lizenz für die vierthöchste Liga beantragen würden.

Dass solche Voraussetzungen nicht jeden Fußballer ständig an seine Belastungsgrenze treiben, ist nachvollziehbar. Umso mehr erfordert diese sportliche Sackgasse Veränderungen, das ist für Schmöller und Liedl klar. Der Coach steht zu seiner Zusage, auch in der Saison 2018/19 für die Raben da zu sein: "Ich bin nicht der Typ, der eine Entscheidung trifft, um sie dann ein paar Wochen später zu revidieren", sagt er. Daran ändere auch die jüngste Durststrecke nichts. Dass er weitermacht, sei ein zusätzliches Argument für Veränderungen im Kader: "Auch ein Trainer hat ein Verfallsdatum. Wenn der da vorne viereinhalb Jahre immer den gleichen Mist erzählt, wird es irgendwann eng. Und auch die Trainingsformen wiederholen sich." Spieler, die diese noch nicht erlebt hätten, würden einen Coach ganz anders wahrnehmen.

Auch wenn Schmöller die Negativserie nicht schönredet, ist es ihm ein Anliegen, zu relativieren: "Was passiert denn gerade? Wir werden nicht absteigen. Gut, wir werden nicht Meister, sondern Dritter oder Vierter, vielleicht Zweiter. Wenn das eine sportliche Krise ist, nehme ich die gerne mit." Im Sport gehe es nicht immer bergauf, weiß er. "Krisen gehören zum Fußball und zum Leben."

© SZ vom 30.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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