Streit um zweite S-Bahn-Stammstrecke::Grüne: Zweiter Tunnel ist ein "Phantom"

Lesezeit: 2 Min.

Der Streit um die geplante zweite S-Bahn-Stammstrecke spitzt sich zu: Das Geld fehlt, sagen die Grünen - und schlagen einen Alternativplan vor. Die SPD und die schwarz-gelbe Landesregierung sehen das anders.

Marco Völklein

Grüne, Freie Wähler sowie die Münchner CSU fordern von Freistaat und Bund eine rasche Verbesserung des Münchner Schienennahverkehrs in kleinen Schritten - und zumindest Grüne und Freie Wähler eine Abkehr von der geplanten zweiten S-Bahn-Stammstrecke.

Wird es einen zweiten Stammstrecken-Tunnel geben? Die Grünen sind dagegen. (Foto: Stephan Rumpf)

Der Zuschuss des Bundes für das 2,2-Milliarden-Euro-Projekt stehe nicht zur Verfügung, der geplante Tunnel sei "ein Phantom", sagte Grünen-Landtagsfraktionschef Martin Runge. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) entgegnete, er stehe weiter zu dem Projekt und sei derzeit mit dem Freistaat in "konstruktiven" Gesprächen zur Finanzierung.

Dennoch forderte Grünen-Stadträtin Sabine Nallinger eine "Umkehr der Reihenfolge" bei der Planung: Zuerst müssten "günstigere Sofortmaßnahmen" erfolgen, danach könne man, wenn überhaupt, an den teuren Tunnel denken. Bislang hatten die Grünen im Stadtrat zusammen mit dem Koalitionspartner SPD den Tunnel als dringlich angesehen.

Die Grünen fordern ein ganzes Paket von kleineren Maßnahmen, das in der Summe ebenfalls gut zwei Milliarden Euro kosten würde. Diese könnten aber Schritt für Schritt umgesetzt werden und aufeinander aufbauen, so Nallinger. Damit könne sich die Region wenigstens "kleine Stücke vom Kuchen abschneiden", ergänzte der grüne Bundestagsabgeordnete Anton Hofreiter - statt stets "nach dem ganz großen Projekt zu rufen und am Ende gar nichts zu kriegen".

Konkret fordern die Grünen unter anderem den Ausbau der Haltepunkte Ostbahnhof und Laim, der Strecken von S 1, S 2, S 4 und S 8 sowie eine Aufrüstung der Signaltechnik in der bestehenden Stammstrecke.

Das deckt sich in weiten Teilen mit den Forderungen der Freien Wähler und der Münchner CSU, die diese am Freitag erneut bekräftigten. Auch FDP und Linke im Stadtrat plädieren seit längerem für ein solches Vorgehen. Die schwarz-gelbe Staatsregierung und die SPD auf Landes- wie Stadtebene halten dagegen weiter am Tunnel fest - nur so ließen sich auf lange Sicht alle Probleme lösen.

Zuletzt hatte Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) erklärt, erst mit einem Wechsel zu einer SPD-geführten Bundesregierung werde der Tunnel umgesetzt. Hofreiter bezweifelt das: Auch ein SPD-Verkehrsminister werde den (Geld-)Mangel nur verwalten können.

Als einen weiteren Baustein des Konzepts nannte Nallinger die Verlängerung der U 5 nach Pasing. Die wird zwar seit Jahren geplant - allerdings hatten SPD und Grüne zuletzt gebremst. Denn würde die U 5 nach Westen verlängert, würde die neue Linie rein rechnerisch dem zweiten S-Bahn-Tunnel Fahrgäste abspenstig machen. Damit wäre der ohnehin nur knapp über der Rentabilitätsschwelle angesiedelte Tunnel nicht mehr förderfähig - und letztlich beerdigt.

Nun allerdings fordern die Grünen - wie zuvor schon CSU und FDP -, die Planungen verstärkt voranzutreiben und offene Fragen zu klären. Unklar ist etwa, ob die U-Bahn am Pasinger Bahnhof ober- oder unterirdisch halten soll. Bei einer oberirdischen Lösung müsste die Deutsche Bahn Flächen für die U-Bahn-Gleise zur Verfügung stellen. Bislang hält sich der Konzern in diesem Punkt aber bedeckt.

Zumindest für eine Klärung der offenen Fragen bei der U 5 hatte sich unlängst auch die Rathaus-SPD ausgesprochen - zugleich aber bekräftigt, dass für sie die U 5-Verlängerung keine Alternative sei zum Bau einer zweiten Stammstrecke. Denn nur die könne zusätzliche S-Bahnen aus dem Umland aufnehmen.

Unklar ist indes die Finanzierung für die 240 Millionen Euro teure U 5-Verlängerung. In der aktuellen Übersicht des Bundes für solche Vorhaben ist sie nicht aufgeführt; im vergangenen Jahr war noch ein 139-Millionen-Euro-Zuschuss des Bundes eingestellt. Hofreiter forderte daher Bund und Freistaat auf, das Pasinger Projekt bei den im Sommer anstehenden Gesprächen wieder aufzunehmen.

© SZ vom 17.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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