Steinhausen:Ein trister Platz trumpft auf

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Der Vogelweideplatz war lange ein öder Ort am Stadtrand, nun soll er zum urbanen Eingangstor werden - mit vier Hochhaustürmen und einem Technologiecampus

Von Ulrike Steinbacher, Steinhausen

Der Vogelweideplatz war immer ein öder Ort im Nirgendwo: um das Jahr 1900 der Punkt, wo die Bauarbeiter die letzten Pflastersteine der Äußeren Prinzregentenstraße verlegten; in den Dreißigerjahren die Stelle, wo sich die Äußere Wiener Straße (heute Einsteinstraße) in die Landstraßen nach Mühldorf (Riemer Straße) und Wasserburg (Truderinger Straße) gabelte; in den Sechzigerjahren, als die Autobahn nach Passau gebaut wurde, eine Trambahn-Endhaltestelle samt Wendeschleife; und seit der Jahrtausendwende öffnet sich dort der Tunnelmund für die Zubringerröhre zum Mittleren Ring.

Türme unter sich: das Ensemble der "Bavaria Towers" (links) mit dem Hochhaus des Süddeutschen Verlags weiter stadtauswärts (rechts). (Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Stadt selbst wuchs in all den Jahrzehnten nur langsam zu diesem tristen Platz hinaus. Bürogebäude im Gewerbegebiet Steinhausen prägten ihn seit den Siebzigerjahren. Gerade der Richard-Strauss-Tunnel aber erwies sich als Chance für den Vogelweideplatz. Weil der Verkehr jetzt unterirdisch fließt, ist an der Oberfläche Platz für einen städtebaulichen Akzent, ein Eingangstor zur Großstadt: Mit dem Hochhaus-Ensemble "Bavaria Towers" bekommt der Vogelweideplatz zum ersten Mal so etwas wie urbanen Charakter. Der Entwurf für die vier verschieden hohen Türme mit pentagonalen Grundrissen und unterschiedlich geformten, flach geneigten Pultdächern stammt von den spanischen Stararchitekten Fuensanta Nieto und Enrique Sobejano.

Phantom-Turm: Das Hochhaus links existiert bisher nur im Modell. (Foto: Robert Haas)

Im Schatten dieser Hochhäuser bahnen sich seit ein paar Jahren weitere Veränderungen an. Gerade entsteht gegenüber an der Prinzregentenstraße "The Grand", eine Anlage mit etwa 290 Eigentumswohnungen auf 25 000 Quadratmetern Geschossfläche, die Ende 2018 fertig sein soll. Und gleich nebenan plant jetzt der Nachbar Giesecke + Devrient (G+D) einen Technologiecampus auf seinem Gelände.

Die hermetisch abgeriegelte Zentrale der Banknoten- und Wertpapierdruckerei an der Prinzregentenstraße öffnet sich damit ein Stück weit für die Öffentlichkeit. Die ältesten Gebäude entlang der Vogelweidestraße, intern "der Altbau" genannt, werden nach Angaben von Pressesprecher Christoph Lang abgerissen. Dort sollen etwa 40 000 Quadratmeter Büro- und Gewerbeflächen entstehen, die G+D zum Teil vermieten will. Das westliche Viertel des Firmengrundstücks wird dann außerhalb des Sicherheitszauns liegen. Dort ist auch ein Park geplant, der wie die Gastronomie im Erdgeschoss öffentlich zugänglich sein soll - ein kleines Pendant zu den Grünflächen der Bavaria Towers.

"Wir stehen noch ganz am Anfang", sagt Sprecher Lang. Der Entwurf wurde am Dienstagabend im Bezirksausschuss Bogenhausen ohne Diskussion zur Kenntnis genommen. Nach Langs Angaben erwartet G+D noch dieses Jahr eine Entscheidung der Lokalbaukommission. Dann werde ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben, Baubeginn soll 2020 sein. Seine in einer Krise 2014 entwickelten Abwanderungspläne hat Giesecke + Devrient längst wieder aufgegeben. "Wir investieren sehr stark in den Standort", sagt Lang. Die Zentrale werde gerade komplett renoviert.

Bleibt noch die Frage, was eigentlich aus dem fünften und höchsten Hochhaus geworden ist, das nach dem ursprünglichen Entwurf von Nieto Sobejano als einziges auf dem Vogelweideplatz selbst hätte gebaut werden sollen. Diese Insel zwischen Einstein- und Prinzregentenstraße ist bis heute Brachland, weil Giesecke + Devrient seinerzeit Einspruch gegen das Projekt erhoben hatten. Denn vom Dach des 88 Meter hohen Gebäudes könnte man ungehindert die Geldtransporte auf dem Firmengelände beobachten. Zudem würden starke Erschütterungen während der Bauarbeiten womöglich die empfindlichen Gelddruckmaschinen beeinflussen, so die Befürchtungen.

Also stellte die Stadt 2012 die Planung zurück. Aufgegeben hat sie sie nicht: "Es ist nach wie vor unser Ziel, das fünfte Hochhaus umzusetzen", sagt Thorsten Vogel von der Pressestelle des Planungsreferats. Dazu müsse G+D aber seine Einwände zurückziehen. Derzeit führe das Kommunalreferat Gespräche mit dem Unternehmen. Einen Kommentar zum Sachstand gibt es nicht: Solche Gespräche würden "grundsätzlich vertraulich" behandelt, sagt Kommunalreferatssprecher Bernd Plank.

© SZ vom 02.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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