Wörthsee:Waldkindergarten - jetzt wieder mit Wald

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Der Fall sorgte für Entrüstung: Ein Jäger klagt gegen das Kuckucksheim - weil die Kinder das Wild vertreiben würden. Das Oberlandesgericht München ist da ganz anderer Ansicht.

Andreas Salch

Das bundesweite Medienecho war gewaltig: Die Kinder des Waldkindergartens Kuckucksheim in Wörthsee dürfen den größten Teil eines Waldgebietes nahe des Kindergartens nicht mehr betreten.

Dürfen den Wald wieder betreten: Die Kinder des Waldkindergartens Kuckucksheim in Wörthsee. (Foto: STA)

Dies hatte das Landgericht München II im Dezember entschieden. Der Grund: Ein Jagdpächter hatte eine entsprechende einstweilige Verfügung gegen den Träger der Einrichtung erwirkt. Das Wild, so hatte der Waidmann vor dem Münchner Landgericht argumentiert, werde durch den Lärm, den die Kinder im Alter zwischen drei und sechs Jahren machten, "vergrämt". Deshalb könne er seinen "Abschussplan" nicht erfüllen, behauptete der Jäger.

Das Oberlandesgericht München (OLG) hat diese äußerst umstrittene Entscheidung am Dienstag in einer Verhandlung nun nicht nur regelrecht zerpflückt. Es hat den Jagdpächter im Rahmen eines Vergleiches auch dazu gebracht, seinen Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückzunehmen.

Doch der Reihe nach: Im September 2009 hatte eine Elterninitiative an der Kuckuckstraße in Wörthsee den Waldkindergarten eröffnet. Kaum zwei Monate später wurde der Träger der Einrichtung, das Förderzentrum Niederpöcking, aber mit der Einstellung bedroht. Der Jagdpächter wollte, dass die Kinder aus seinem Revier verschwinden. Ein außergerichtliche Einigung scheiterte. Der Waldkindergarten zog nach Erlass der einstweiligen Verfügung durch das Landgericht München II um und legte Berufung vor dem Oberlandesgericht ein.

In dieser Situation habe sogar das Erzbistum München und Freising Hilfe angeboten und ein eigenes Grundstück für den Waldkindergarten in Seefeld zur Verfügung stellen wollen, berichtete der Geschäftsführer des Trägervereines, Peter von Quadt den Richtern des 18. Zivilsenats am OLG München. Ganz zu schweigen von der öffentlichen Resonanz, die die Entscheidung der ersten Instanz ausgelöst habe.

TV-Sender und Träger anderer Waldkindergärten aus der gesamten Bundesrepublik hätten sich gemeldet, so Quadt, und ihrem Unmut über die Entscheidung Luft gemacht. Hätte diese Bestand gehabt, hätten Jagdpächter künftig in ganz Deutschland sich darauf berufen und Erziehern Exkursionen mit Kindern in ihre Reviere untersagen können, erklärte Birgt Baumann, eine der Gründerinnen des Wörthseer Kindergartens gestern am Rande der Verhandlung.

Beweise dafür zu erbringen, weshalb das Wild in seinem Revier durch die Anwesenheit der Kinder angeblich "vergrämt" werde, sei außerordentlich schwierig, machten die Richter des 18. Senats deutlich. Ein entsprechendes Verfahren würde sich wohl über mehrere Jahre hinziehen, prognostizierte der Vorsitzende. Angesichts dieser Situation erklärte sich der Jagdpächter bereit, einzulenken.

Fazit: Die 17 Kinder des Waldkindergartens können nun nicht nur wieder an den viel günstigeren ursprünglichen Standort zurück. Darüber hinaus dürfen sie wieder in den Wald. Der Zugang ist allerdings über einige vom Gericht in dem Vergleich detailliert festgeschrieben Parzellen geregelt. Ferner darf der Waldkindergarten das Grundstück, wohin er ausgewichen war, weiter nutzen.

© SZ vom 16.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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