Wörthsee:Es geht voran am Teilsrain

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Am Teilsrain in Wörthsee sollen rund 60 Wohnungen entstehen. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Nach dem Ausstieg der Genossenschaft Wogeno hofft die Gemeinde darauf, das Projekt mit rund 60 Wohnungen mit einem neuen Investor zu realisieren. Doch auch in Wörthsee ist man von den Entwicklungen in der Baubranche abhängig.

Von Linus Freymark, Wörthsee

Die Baubranche hat schon bessere Tage gesehen - erst recht im Wohnungsbau. Im vergangenen Jahr ist der Umsatz in diesem Segment nach Zahlen des Bauindustrieverbands HDB um zwölf Prozent zurückgegangen, für dieses Jahr rechnet der HDB mit noch einmal zwölf Prozent Rückgang. Gleichzeitig aber steigt der Bedarf, gerade in Ballungsräumen wie München und dem Umland ist bezahlbarer Wohnraum extrem knapp. Umso erfreuter war Wörthsees Bürgermeisterin Christel Muggenthal, als sie in dieser Woche verkünden konnte: Beim Wohnungsbauprojekt am Teilsrain, das die Gemeinde schon seit Jahren beschäftigt, geht es voran. Zwar wird es noch dauern, bis die Bagger die Wiese in Seenähe umgraben. Aber immerhin: Es gibt nun wieder einen Bauherren.

Der nämlich ist zwischenzeitlich abhandengekommen - wodurch das Projekt trotz weit gediehener Planungen gefährdet war. Denn eigentlich wollte die Genossenschaft Wogeno auf dem Areal am Teilsrain rund 60 bezahlbare Wohnungen entwickeln. Das Quartier sollte ein Zuhause für alle möglichen Schichten und Bevölkerungsgruppen werden, Senioren, Familien, junge Erwachsene. Der Entwurf von Architekt Martin Hirner vom Büro Hirner und Riehl erhielt den Zuschlag, zudem wurde das Projekt vom Verein "Wohnen am Teilsrain" begleitet, der sich aus Bürgern der Gemeinde zusammensetzt und die Entwicklung des Projekts mit eigenen Ideen vorantreibt. Gemeinde und Genossenschaft waren sich über die Planungen einig, zudem gab es mit den Vereinsmitgliedern bereits viele potenzielle Mieter. Es sah gut aus.

Dann aber kam die Pandemie, und kaum schien Corona besiegt, marschierte Russland in der Ukraine ein. Beide Krisen hatten Auswirkungen auf die Baubranche, die Baukosten sowie die Zinsen für Fremdkapital, sprich Kredite, schnellten in die Höhe. Für die Wogeno war das nicht mehr finanzierbar. Zudem hätte sie neben der genossenschaftlichen Einlage wohl Mietpreise um die 20-Euro-Marke pro Quadratmeter aufrufen müssen - diese Preiskategorien entsprechen nur noch bedingt dem genossenschaftlichen Ideal von bezahlbarem Wohnraum. Vorstand Thomas Kremer erklärt deshalb, "aufgrund der Marktsituation" sei es der Wogeno unmöglich geworden, die Idee "des genossenschaftlichen Wohnungsbaus am Teilsrain" umzusetzen.

Gemeinsam mit der Wogeno machte sich die Gemeinde also auf die Suche nach einem neuen Bauherren - und stieß auf Max von Bredow. Dessen Firma, die Max von Bredow Baukultur GmbH, hat bereits auf dem Grundstück nebenan einen Supermarkt mitsamt Wohnungen realisiert. Nun steigt Bredow als Investor auch bei dem Projekt am Teilsrain ein. Die Pläne sollen im Großen und Ganzen gleich bleiben, lediglich die Zuschnitte mancher Wohnungen ändern sich geringfügig. Es sei ihm wichtig, "eine gewisse Kontinuität in der Planung sicherzustellen", erklärt Bredow.

Gegen Wohnungsnot hilft nur bauen, bauen, bauen

Allerdings ist auch der neue Bauherr von den Entwicklungen auf dem Markt abhängig. Und auch wenn der Investor betont, ihm sei in dem Quartier "ein guter Mix" der Bewohner wichtig und man dürfe beim Wohnungsbau nicht nur an Gut- und Spitzenverdiener denken, erhofft sich der neue Bauherr natürlich in erster Linie wirtschaftlichen Gewinn von seinem Einstieg am Teilsrain. Deshalb wird die Hälfte der Wohnungen nach Fertigstellung zu "marktüblichen Preisen" vermietet, erklärt Bürgermeisterin Christel Muggenthal. Die andere Hälfte werde zu "gedeckelten Mietpreisen" vergeben. Was das genau bedeutet, muss noch ausgehandelt werden. Läuft alles nach Plan, könnten 2028 die ersten Mieter einziehen. Der Platz wird dringend gebraucht. Denn wie im gesamten Fünfseenland ist auch in Wörthsee Wohnraum Mangelware.

Der Zweite Bürgermeister Josef Kraus, Investor Max von Bredow, Architekt Martin Hirner, Bürgermeisterin Christel Muggenthal und Vereinsvertreter Thomas Rößler (von links) hoffen darauf, dass es am Teilsrain vorangeht. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Gegen Wohnungsnot hilft eigentlich nur eines: bauen, bauen, bauen. Nicht umsonst hat sich die Bundesregierung einst das ehrgeizige Ziel von 400 000 neuen Wohnungen pro Jahr gesetzt. Allerdings musste die zuständige Ministerin Klara Geywitz (SPD) diese Vorgabe wenig später wieder einkassieren. Der Grund: die veränderten Bedingungen in der Baubranche. Die hohen Baukosten werden auch durch die zahlreichen Vorschriften verursacht, die die Verantwortlichen bei der Planung eines Projekts berücksichtigen müssen.

Das beklagt neben Investor Bredow und Architekt Hirner auch der Branchenverband HDB. Die Politik müsse dringend handeln, ansonsten werde es immer schwieriger, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Diese Forderung ist inzwischen in Berlin angekommen: Das Bauministerium erklärte im Herbst, Bauen müsse auch durch den Abbau von Bürokratie beschleunigt werden. Bis es so weit ist, wird es aber wohl dauern.

In Wörthsee sind sie in der Zwischenzeit vor allem froh, mit Bredow überhaupt einen Investor gefunden zu haben - und dann auch einen, der die bisherigen Planungen mitträgt. Trotz der Verzögerungen sei das Quartier am Teilsrain nach wie vor "ein super Projekt für den Ort", findet Bürgermeisterin Muggenthal. Und Bredow erklärt, sein Unternehmen versuche bei seinen Projekten stets, ökonomisch, ökologisch, sozial und gut zu bauen. Man gebe sich stets "die größte Mühe", diese vier Paradigmen miteinander zu vereinen.

Ob das auch bei dem Projekt am Teilsrain klappt, dürfte auch von den weiteren Entwicklungen in der Bauwirtschaft abhängen.

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