Nepomuk:Der Kammmolch auf Abwegen

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Der Kammmolch macht nicht immer, was das Staatliche Bauamt für ihn vorgesehen hat. (Foto: Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft oh)

Da baut man extra kleine Tunnel für Amphibien, doch die Tiere fremdeln mit dem Angebot. Warum eigentlich?

Kolumne von eurem Nepomuk, Weßling

Es gibt so saudumme Fragen, die einem nicht mehr aus dem Kopf wollen. Etwa die, wie eigentlich beim Frosch die Hände heißen. Flossen? Pfoten? Pranken oder Batscherl? Oder vielleicht doch einfach Hände, trotz der Schwimmhäute zwischen den Fingern? Aber dazu später.

Während die richtige Bezeichnung seiner Extremitäten Rätsel aufgibt, ist eine Eigenschaft des Froschs und seiner amphibischen Artgenossen bekannt, ja fast schon legendär: die Sturheit. Das hat schon direkt was Bayerisches, gar Niederbayerisches.

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Jedes Jahr das gleiche Theater. Sobald das Wetter passt und es warm genug ist, geht es schon wieder los bei der kleinen Lackn da hinten im Wald bei Pentenried oder den Teichen auf dem Gelände des Golfplatzes Wörthsee: Rein in den Tümpel, gemütlich laichen, etwas leidenschaftslos befruchten, raus aus dem Tümpel und mitten durchs Gestrüpp wieder genau dahin zurück, wo er hergekommen ist. Und immer auf dem gleichen Weg. Da ist er einfach stur, der Molch. Lurch, Frosch und Kröte übrigens genauso - oder wie diese wechselwarmen Viecher alle heißen.

Die lassen sich von nichts und niemandem von ihren Gewohnheiten abbringen, auch nicht vom Menschen und seinen Umgehungsstraßen. Die Umfahrung von Weßling zum Beispiel ist jetzt bald acht Jahre fertig und in Betrieb. Acht lange Jahre. Und glaubst du, der Amphib hätte sich so langsam mit der neuen Querverbindung auf seiner Route arrangiert? Ja, Pfeiffadegl, wie ein des Bairischen mächtiger Molch formulieren würde. Von wegen. Oder: Man weiß es nicht so genau.

Starnberg (Foto: Bernd Schifferdecker)

Jedenfalls hat man seinerzeit für schlappe 800 000 Euro Tunnel für die Molche, Springfrösche und Erdkröten gebaut. Dann hat man nachgezählt, die Kröten sowie die Kröten, und hat festgestellt, dass das Geld zwar weg ist, die Tiere aber auch. Jedenfalls sind nicht ganz so viele auf der anderen Seite angekommen wie gedacht. So richtig funktionieren die Tunnel halt nicht, Frosch und Molch latschen da einfach nicht so gerne durch. So das Ergebnis einer ersten "Akzeptanzkontrolle" - das heißt tatsächlich so. Und in diesen Wochen lässt das Staatliche Bauamt ein Fachbüro mithilfe von Zäunen und Eimerchen wieder kontrollieren.

Am liebsten würde man die Tierchen ja an der Hand nehmen und hindurchführen. Ganz wie ein Schülerlotse, nur eben als Molchlotse. Bei der Akzeptanzkontrolle gilt es zu ergründen, wie der Tunnel dem Molch so gefällt. Ob er groß genug ist, ob er gut ausgeschildert und gut zu finden ist. Ist der Boden zu hart? Darf's ein bisschen matschiger sein? Tatsächlich berichtet das Bauamt von "Detailanpassungen" und von einem "Austausch des Substrats in den Durchlässen". Schließlich gebe es Defizite an der Durchwanderungsrate.

An der Ortsumfahrung Weßling gibt es eine Amphibienschutzanlage. (Foto: Staatliches Bauamt Weilheim)

War halt schöner dort ohne Umgehungsstraße. Für Molch, Frosch und Kröte jedenfalls. Für die Fledermaus auch. Irgendwie waldiger. Für den Weßlinger und auch den Gilchinger ist es ziemlich einerlei. Da fühlt sich der Verkehr auf der Ortsdurchfahrt so dicht an wie eh und je. Da wäre eine Akzeptanzkontrolle vielleicht auch mal nicht schlecht.

Derweil dürfen wir alle gespannt sein, wie es mit der Akzeptanz in den vielen kleinen Tunnel aussieht. Überschlägig gerechnet dürfte übrigens jeder etwa 20 000 Euro gekostet haben. Aber ich befürchte, liebe Landbewohner: Die Wege des Kammmolchs sind unergründlich. Und unabänderlich.

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