Nepomuk:Ruhe sanft, Weßling!

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Die Gemeinde erlaubt am See Live-Musik, jedenfalls solange sie ganz, ganz leise ist

Kolumne von eurem Nepomuk

Leute, ihr werdet mich jetzt für einen Spielverderber, einen Kulturbanausen und alten Griesgram halten, aber an meinem See, da möchte ich meine Ruhe haben. Und mit Ruhe meine ich Stille, also keinen Lärm, kein Schreien, nicht einmal Lachen, Niesen oder irgendeine andere menschliche Lautäußerung. Ihr wisst ja, wenn es mir langweilig wird, dann gehe ich aus und treibe ich mich im Landkreis herum, dann darf es auch mal krachen und scheppern, aber dahoam ist da, wo's stad ist. Deswegen graut es mir schon jetzt vor dem Sommer, wenn sich wieder alle einbilden, dass es am See hoch hergehen muss. Hier ein Open-Air-Konzert, dort ein Freiluft-Theaterstück, und das alles am Seeufer, direkt vor meiner Nase. Rücksichtslos ist das, ehrlich wahr! Ich hole doch auch nicht meine Wasserorgel hervor und spiele sie im Garten vor euren Schlafzimmerfenstern.

Also, da lobe ich mir meinen guten alten Freund, den Michi Sturm. Der Weßlinger Bürgermeister ist quasi Hausmeister vom Weßlinger See. Und er weiß, wie das ist, wenn es im Sommer von allen Seiten über das Wasser schallt. Er ist zwar nicht am Seegrund wie ich, aber am Weßlinger Seeufer aufgewachsen. Deswegen ist er auch so erpicht darauf, dass dort Recht und Ordnung herrscht. In der letzten Sitzung hat der Michi mit meinen Weßlinger Gemeinderatsfreunden bestimmt, wie viele Veranstaltungen die drei Gastronomen am See machen dürfen. Akribisch haben sie alles festgelegt, auch die Lautstärke. Ein Kulturdorf sei Weßling, haben sie versichert. Kleinkunst ist willkommen, Jugendbands sollen spielen, Live-Musik darf vor dem Kiosk ertönen. Mir ist schon angst und bange geworden. Aber dann habe ich einen Blick auf die Tischvorlage geworfen. Respekt muss ich sagen. Meine Weßlinger Freunde sind wirklich mit allen Wassern gewaschen. Als erlaubte Dezibelzahl steht da nämlich 50, und damit bin ich sofort einverstanden.

Denn das bedeutet das Aus für die Blockflötengruppe, es wird auch kein Tschingderassabum mit der Blasmusik oder andere Quälereien geben. Höchstens Maultrommelgezupfe, Harfen-Plingpling und ein meditativer Tai-Chi-Workshop würden gehen. Alles andere - Pfiffkas. 50 Dezibel, schreibt euch das hinter die Ohren, meine Lieben, sind der Grenzwert der Zimmerlautstärke in reinen Wohngebieten. Das ist so laut wie ein brummender Kühlschrank oder Vogelgezwitscher.

Das gefällt mir. Dass da irgendwie falsche Zahlen auf die Tischvorlage gekommen sein sollen - das glaubt wirklich keiner, und ich schon gar nicht. Deswegen habe ich beschlossen, heuer zur Sommerfrische in den Weßlinger See abzutauchen. Ich freue mich schon auf die Sonnenuntergänge. Denn regnen darf es auch nicht, mit 55 Dezibel ist das definitiv zu laut, weiß Euer Nepomuk.

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