Sondersitzung in Weßling:Trotz Elternprotesten wird die Kita teurer

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Eltern, Kinder und Großeltern demonstrierten am Dienstag vor dem Weßlinger Rathaus für bezahlbare Kita-Gebühren. (Foto: Nila Thiel)

Die Gebühren werden innerhalb von drei Jahren deutlich erhöht. Einen Kompromissvorschlag lehnt der Gemeinderat fast einstimmig ab.

Von Patrizia Steipe, Weßling

Vergeblich haben Eltern, Großeltern und Kinder in Weßling protestiert. Zwei Stunden vor der entscheidenden Gemeinderatssitzung am Dienstagabend waren sie vor das Rathaus gekommen. Sie trugen Schilder mit Aufschriften wie "Wir sind eure Zukunft", "Kita ist Luxus" und "Chancengleichheit". Wochenlang hatten die Eltern zuvor mit Unterschriftenlisten, Petitionen und einem Gegenvorschlag versucht, die drastischen Gebührenerhöhungen für Krippe, Kindergarten und Mittagsbetreuung abzuwenden. Und mit der Versammlung, die sie unter das Motto "Weßling leuchtet für seine Kinder" gestellt hatten, wollten sie dem Gemeinderat noch einmal eindrücklich vor Augen führen, dass sie viele sind und ihr Anliegen vor allem für berufstätige Frauen bedeutend ist.

Falls die Kinderbetreuung nämlich nicht mehr bezahlbar wäre, dann wären es die Frauen, die zuhause bleiben müssten, da sie üblicherweise den Großteil der Care-Arbeit übernehmen, betonte Maria Quantz bei ihrem Appell auf dem Rathausparkplatz. Auch Bürgermeister Michael Sturm hatte sich unter die Menge gemischt und warb um Verständnis für die Notwendigkeit einer Erhöhung. Ihm überreichten die Eltern Listen, auf denen 683 Unterstützer für eine "bezahlbare Kinderbetreuung" unterschrieben hatten.

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Elternvertreterin Franziska Thaler stellte anschließend im voll besetzten Sitzungssaal des Rathauses einen Kompromissvorschlag vor. So regten die Eltern eine einmalige Erhöhung der Gebühren um 40 Prozent an. Damit könnte die Gemeinde etwa 122 000 Euro einnehmen. Zwar gab es von den Gemeinderäten Applaus und Lob; sie stimmten dem Antrag von Lilly Reik (FW) zu, den Elternvorschlag zur Abstimmung zu stellen. Anschließend wurde er aber gegen ihre Stimme abgelehnt.

Auch die Lehrerin und Mutter Christina Rebay von Ehrenwiesen beteiligte sich an der Demo. (Foto: Nila Thiel)

In der Diskussion erinnerte Gemeinderätin Petra Slawisch (Grüne) daran, dass man es viel zu lange versäumt hätte, die Betreuungsgebühren anzuheben. "Wir haben jahrelang nicht auf die Mahnungen des Kämmerers gehört", bedauerte sie. Angesichts der finanziellen Unterdeckung bei der Kinderbetreuung, die im vergangenen Jahr 1,6 Millionen Euro betrug, muss die Gemeinde nun handeln. Trotz kommunaler und staatlicher Zuschüsse fehlen am Schluss nämlich immer noch 525 000 Euro, rechnete Bürgermeister Sturm vor. Den Ausgaben in Höhe von 3,6 Millionen Euro stünden schließlich nur etwa zwei Millionen Euro an Einnahmen entgegen. Die Erhöhung sei aber auch hinsichtlich weiter steigender Personalkosten notwendig.

Am Schluss beschloss der Gemeinderat gegen zwei Stimmen, dass die Erhöhung zwar kommen soll, aber nicht innerhalb von zwei, sondern von drei Jahren. Im nächsten Jahr sollen damit Mehreinnahmen von 262 500 Euro erzielt werden und in den folgenden Jahren jeweils 131 250 Euro. Je nach Kindergarten oder Mittagsbetreuung kommt auf die Eltern nun eine Erhöhung zwischen 43 und 73 Prozent zu. Bei den Krippen werden die Gebühren dagegen reduziert. Allerdings sollen die Beträge vor jeder Erhöhung zuvor überprüft werden. Schließlich hatten die Eltern angeboten, selbst initiativ zu werden, um beispielsweise in einem Förderverein oder mit Eigenleistungen die Ausgaben für die Kitas zu reduzieren.

Romana Landshammer und Tochter Charlotte hoffen auf eine positive Entscheidung der Gemeinderäte. (Foto: Nila Thiel)

Eine Ermäßigung für Geschwister um zehn Prozent wird es dafür erst ab drei und nicht wie bisher schon ab zwei Kindern geben. Familien mit vier Kindern bekommen eine Ermäßigung um 25 Prozent. Eine soziale Härte solle aber durch die Gebührenerhöhungen keiner Familie entstehen, erklärte Peter Weiß (FW). Die Gemeinde habe einen extra Sozialfonds, mit dem finanzielle Notlagen abgefedert werden könnten.

Weßlings Bürgermeister Michael Sturm wirbt um Verständnis für die notwendigen Gebührenerhöhungen. Ihm wurde eine Liste mit 683 Unterschriften übergeben. (Foto: Nila Thiel)

"Wir sind enttäuscht und traurig, dass unser Vorschlag nicht relevant berücksichtigt wurde", sagt Franziska Thaler. "Kinderbetreuung ist kein Defizit, sondern eine Investition in die Zukunft." Mit dem Abstimmungsergebnis wollen sich die Elternvertreter nicht zufriedengeben. Sie überlegen jetzt, was sie noch für Möglichkeiten haben.

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