Bauen:Endmoränenzüge, Toteislöcher und andere Relikte

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Weßlings Bürgermeister Michael Sturm und die Regierungsdirektoren Ernst Kroemer und Bernhard Wagner (von links) begutachten die neue geologische Karte. (Foto: Nila Thiel)

Das Landesamt für Umwelt hat die Region rund um Weßling in einer geologischen Karte erfasst, die wertvolle Daten bündelt - und der Gemeinde neue Aufgaben stellt.

Von Patrizia Steipe, Weßling

Die Karte ist mit bunten Kringeln, Kreisen, Linien und Punkten übersät. Orte und Gewässer sind auf der geologischen Landkarte für den Laien erkennbar, aber für die Sonderzeichen, die über die topografische Karte gelegt wurden, muss man entweder Geologe sein oder die Legende studieren. Regierungsdirektor Ernst Kroemer ist beim Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) für das neue Druckwerk zuständig. Der Geologe braucht nur einen Blick auf sie zu werfen, schon erschließt sich ihm das geologische Bild der Region. Auf der neuen Karte "Weßling" erkennt er Endmoränenzüge, Toteislöcher und andere Relikte aus den vergangenen Eiszeiten. "Ich sehe eine Entwässerung in die Schotterfläche, Ablagerungen aus der Würmeiszeit und bei Hochstadt fließt Wasser zurück in den Pilsen- und den Ammersee".

So sieht die geologische Karte "Weßling" aus, die die Region von Neugilching bis Unterbrunn und zwischen Wörthsee und Perchting umfasst. (Foto: Nila Thiel)

Auf dem Querschnitt sieht er die Schichtungen der Gesteine, liest aus der Karte, wo es Lößlehmdecken gibt, Torf, Kies, Schotter oder Feinsediment. Er weiß sogar, ob die eiszeitlichen Ablagerungen vor 23 000 Jahren nach der Würmeiszeit oder vor 130 000 Jahren nach der Mindel-Eiszeit entstanden sind. Und er sieht die dicken schwarzen Linien. Den Straßenbauern bereiten sie Sorgen, denn sie markieren Verwerfungen im Gestein. "Die Böschungen sind dort häufig wenig stabil. Sicherungsmaßnahmen sind nötig", heißt es in einem Flyer, den der leitende Regierungsdirektor Bernhard Wagner zur Vorstellung der neuen Karte in das Weßlinger Rathaus mitgebracht hat.

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Die Karte ist nicht nur für geologisch an dem steinernen Untergrund Bayerns interessierte Personen gedacht, sondern vor allem für Bauingenieure unverzichtbares Werkzeug. Damit können sie sich eine Übersicht über einen Bauuntergrund verschaffen, Entwässerungen oder Potenziale für Geothermie bereits im Vorfeld einkalkulieren.

Mehr als 600 Detailkarten gibt es in Bayern. Die Nummer 7933 hat den Namen "Weßling". Der Name hat historische Gründe. Als die Vorläuferkarten vor etwa 100 Jahren erschienen, wurden sie nach der größten Gemeinde auf der Karte benannt, und das war damals Weßling. Sie umfasst mit ihren zwölf Quadratkilometern allerdings weit mehr als den Gemeindebereich, reicht im Norden bis nach Neugilching, im Osten nach Unterbrunn, im Süden nach Perchting und im Westen bis zur Mausinsel im Wörthsee. Daran schließen sich die Karten "Türkenfeld", "Fürstenfeldbruck", "München-Pasing", "Utting", "Starnberg Nord", "Dießen", "Tutzing" und "Starnberg Süd" an. Seit 2019 sind die Daten für alle bayerischen Karten im Internet abrufbar, erklärt Wagner. Das Ganze für den Druck aufzubereiten habe weitere Jahre gedauert. Zwar sei der Druck wegen des großen Aufwands ein "Luxus", aber für die Arbeit im Gelände sei ein Papierausdruck oft praktischer.

Demnächst sollen die Karten aller Bundesländer synchronisiert werden

Dank eines Rasters ist die Karte in kleine Karrees von einem Quadratkilometer unterteilt. "Vier Zentimeter entsprechen einem Kilometer", erklärt Wagner. Der Maßstab beträgt 1 : 25 000. Die Daten stammen unter anderem vom Landesvermessungsamt, digitale Geländemodelle wurden eingearbeitet, aber auch "Bohranzeigen". Das sind die Ergebnisse, die beispielsweise in Rahmen von Geländeuntersuchungen, kommunalen Bohrungen für Brunnen oder im Vorfeld von Straßen- und Bauprojekten - auch privat - durchgeführt wurden. "Durch jede Bohrung bekommen wir neue Erkenntnisse", so Wagner.

Im Laufe der Zeit sind geologische Karten immer präziser geworden. In den 1990er Jahren wurde noch mit einer Auflösung von 50 Metern gearbeitet. Mittlerweile sind sogar bereits 30 Zentimeter möglich. "So fein braucht es aber gar nicht zu sein. Die Geologen arbeiten am liebsten mit einem Meter Auflösung", weiß Wagner.

Derzeit arbeitet das LfU an einem Mammutprojekt, für das eine Arbeitskraft etwa 300 Jahre benötigen würde. Die Karten aller Bundesländer sollen synchronisiert werden. Jedes Land nutzt beispielsweise unterschiedliche Symbole, "sie sind nicht normiert", bedauert Wagner.

Die geologischen Karte Weßling kostet 20 Euro und kann bestellt werden unter: www.bestellen.bayern.de . Die Karten findet man online unter: www.bis.bayern.de (Bodeninformationssystem Bayern).

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