Nepomuk:Der Werner sperrt zu

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Nichts mehr mit süßer Tüte und Leberkässemmel: Die Betreiber des Kiosks am Starnberger Seebahnhof hören nach 33 Jahren auf.

Von eurem Nepomuk, Starnberg

Mei, die stade Zeit - man könnte auch sagen: die fade Zeit. Momentan passiert ja wirklich fast gar nichts. Gut, an Silvester, da haben es meine Nepomuka und ich auch ein bisschen krachen lassen. Natürlich nicht so heftig, wie das in Berlin passiert ist; wir Seegeister sind da schon ein bisschen zivilisierter. Aber wir sind, um meinen guten, alten Freund Louis van Gaal zu zitieren, schon auch richtige "Feierbiester". Zum Jahreswechsel ging's bei uns auf dem Seegrund deshalb schon ordentlich rund, mit Seegrasfondue und Blaualgenkonfetti. Aber davor und danach - nichts. Fast hätte ich das alte Mandala-Malbuch wieder herausgekramt, das mir die Verwandtschaft zu meinem letzten Runden geschenkt hat.

Und apropos Mandala-Malbuch: Liebe Leut', ich weiß nicht, ob die so etwas auch in ihrem Sammelsurium hatten. Aber vermutlich schon. Werner Gschwendtner, Stammgäste wie ich nannten ihn freilich nur: "der Werner", hatte in seinem kleinen Kiosk an der Starnberger Seepromenade ja so gut wie alles. Nicht nur Eis und Bier und Zigaretten, sondern auch Bergplaketten für Wanderstöcke (bitte da nicht schummeln - erst besteigen, dann beschlagen), selbst gestaltete Postkarten und, wenn man einen solchen gebraucht hat, sogar König-Ludwig-Maßkrüge.

Macht nach 33 Jahren Schluss: Werner Gschwendtner gibt seinen Kiosk an der Starnberger Seepromenade auf. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Der Werner und seine Frau hatten immer auf - 33 Jahre lang, jeden Tag, von morgens bis spät abends. Fragt mich nicht, wo ich jetzt meine süßen Tüten oder meine Leberkässemmel herbekomme, ich weiß das selbst noch nicht. Aber ich gönn's dem Werner natürlich auch. Nach so langer Zeit: endlich mal frei haben, Urlaub machen. Und bestimmt wird's da ja auch irgendeine Art Nachfolger geben, zumindest nehme ich das mal an. Bis der Kiosk wieder aufsperrt, muss ich mir allerdings was anderes überlegen, um mir die Langeweile zu vertreiben. Beim Werner für einen kleinen Plausch vorbeischlendern, das geht ja nicht mehr. Und vermutlich wird es auch ein bisschen dauern, bis da jemand Neues aufschlägt. Denn Vermieter des Kiosks ist die Bahn. Und ich mach' den Kalauer ja ungern, aber leider stimmt's halt auch allzu oft: Bei der Bahn kommt alles ein bisschen später.

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