Starnberg:Umfahrung kann am Naturschutz scheitern

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Mittels Unterführung und einer Brücke könnte eine Verbindung zwischen Autobahn und Westumfahrung realisiert werden, doch Aufwand, Kosten und Nutzen scheinen in einem ungünstigen Verhältnis zu stehen.

Von David Costanzo, Starnberg

Technisch ist alles machbar. Im Fall einer Umfahrung für Starnberg würde das bedeuten: Die Trasse schlängelt sich bei Hanfeld von der Oberbrunner Straße weg und zwischen zwei Kiesgruben durch, untergräbt die Bahngleise Richtung Gauting, führt auf einer 325 Meter langen und bis zu 30 Meter hohen Brücke übers Würmtal, schlägt eine Schneise durch ein kleines Waldstück und gelangt schließlich über einen großen, sechsarmigen Kreisel auf die Autobahn A95. Diese Vorplanung hat das von der Stadt beauftragte Ingenieurbüro Vössing zusammen mit den Landschaftsarchitekten von Terrabiota am Montag im Stadtrat vorgestellt. Über die möglichen Kosten schwieg Sven Gräfe von Vössing lieber: Der Bau der 8,3 Kilometer langen Trasse sei "sehr aufwendig", die Hälfte würde allein die Brücke kosten.

Das viel größere Hindernis stellt der Naturschutz dar. "Kritisch" sei dieser Aspekt, urteilte Gräfe. Christian Ufer von Terrabiota erklärte sogar, es sei "offen", ob die Behörden mit Blick auf das Umweltrecht so einer Trasse jemals zustimmen würden. In dem Bereich befänden sich Hangquellen und die Wasserschutzgebiete für das ganze Würmtal von Gauting bis Gräfelfing. Die Trasse müsse in jeder Variante ein geschütztes Flora-Fauna-Habitat queren. Anders formuliert: Die Umfahrung kann bereits am Naturschutz scheitern.

Auch sonst ist die Liste der Hindernisse lang - vom Artenschutz (Stichwort: Rotmilan) über Bannwald (Ausgleichsflächen müssten in unmittelbarer Nähe gefunden werden) bis hin zum Denkmalschutz (Archäologische Suchgrabungen wären wohl fällig). Ein ernüchterndes Ergebnis nach Jahrzehnten der Diskussion und mehr als zwei Jahre nach dem Beschluss "Tunnel bauen, Umfahrung planen". Die Stadträte mochten lieber noch keine Beschlüsse fassen, sondern erst das Staatliche Bauamt Weilheim über die Studie informieren und einen Monat lang in den Fraktionen beraten.

Wie viele Autos würden die Umfahrung überhaupt nutzen, um wie viele könnte die Stadt also entlastet werden? Die Zahl der prognostizierten Fahrzeuge kritisierten einige Stadträte am heftigsten - dabei hatten die Planungsbüros die Daten einer früheren Untersuchung übernommen. 5700 Autos und Lkw erwartete zuletzt ein Gutachter auf einer Umfahrung, ein anderer Planer prognostizierte davor auch nur 7600 - beide Szenarien gehen davon aus, dass der B2-Tunnel in Starnberg gebaut wird. "Das können Sie keinem erzählen", wetterte Zweiter Bürgermeister Klaus Rieskamp (Parteifreie). Diese Zahlen seien "das größte Risiko" für den Bau, denn sie lägen in der Größenordnung von Nebenstraßen in Starnberg. Zum Vergleich: In den nächsten Jahren erwarten die Gutachter im Zentrum etwa 40 000 Autos, von denen fast die Hälfte im Tunnel verschwinden soll.

Bürgermeisterin Eva John (BMS) beschwichtigte, Zahlen würden zum jetzigen Zeitpunkt keine Rolle spielen. Gerd Weger (CSU) widersprach. Erst ab einer gewissen Größenordnung würde die Stadt beim Freistaat überhaupt Gehör finden. Mehrere Stadträte forderten einen Schulterschluss mit Schäftlarn, wo die Bürger im Mai über eine Umfahrung entscheiden, die womöglich beim Gewerbegebiet Schorn mit der Starnberger Umgehungsstraße verbunden werden könnte.

Josef Pfister (BMS) mochten die kritischen Aspekte nicht schrecken, die gebe es immer bei solchen Bauten. Als "Krake" bezeichnete Anton Wiesböck (FDP) den vorgeschlagenen Kreisel mit sechs Armen an der Autobahn. Ob es keine andere Verbindung zwischen Wolfratshausen und Gilching gebe, wollte er von den Planern wissen, etwa auch über das Leutstettener Moos. Das, meinte Landschaftsarchitekt Ufer, würde sicher noch größere Probleme bereiten.

© SZ vom 20.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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