Solidaritätskonzert:Lieder für die Ukraine

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Solidaritätskonzert mit Erik Berthold auf dem Gauting Rathausplatz. (Foto: Georgine Treybal)

Folkmusiker Erik Berthold singt unter dem Motto "Imagine" für alle Menschen, die vom Krieg betroffen sind. Er hofft, dass sein Auftritt Nachahmer finden wird.

Von Gerhard Summer, Gauting

Andere Künstler reagieren mit entsetzten, wütenden oder fassungslosen Stellungnahmen, Straßenmusiker Erik Berthold aus Gauting tut, was er am besten kann: Er will mit einer Serie von kleinen Konzerten auf den Krieg in Osteuropa reagieren und Solidarität mit allen Menschen zeigen, "die betroffen sind, ob in der Ukraine oder in Russland". Auftakt war am Sonntagabend auf dem Gautinger Rathausplatz. Als Motto hat Berthold den Titel eines der bewegendsten Friedenslieder überhaupt gewählt, "Imagine" von John Lennon.

Wie der 57-Jährige sagt, sei ihm die Idee spontan gekommen. Was in der Welt gerade passiere, sei sehr traurig und grausam, er fühle sich "machtlos und ratlos", denn das scheinbar Unmögliche sei eingetreten, ein Krieg in Europa. Er werde deshalb tun, was ihm als Künstler bleibe: sich mit der Gitarre hinstellen und Songs der Band America, von Neil Young, Bob Dylan, Johnny Cash oder Woody Guthrie singen und spielen. Er hoffe, dass seine Nachricht die Runde mache und sein Solidaritätskonzert Nachahmer finde, so wie die Leute vor zwei Jahren in Pandemie-Zeiten mit Beethovens "Ode an die Freude" immer zur gleichen Uhrzeit gegen Corona angesungen hatten. "Das könnte man nächste Woche um 18 Uhr überall machen, auch auf dem Kirchplatz in Starnberg", sagt Berthold. "Kommt mit Kerzen, mit Kindern und Freuden. Oder stellt euch einfach vor Kirchen und Gasthäuser und singt!"

Der 57-Jährige, einer der bekanntesten Folkmusiker weit und breit, hatte den Auftritt auf seiner Facebook-Seite angekündigt und ein kurzes Video dazu aufgenommen. Er habe schon "ganz viele Rückmeldungen" bekommen, sagt er. Er hoffe, dass sich Musikkabarettist Otto Göttler, der Gründer des Bairisch Diatonischen Jodelwahnsinns, und der Kontrabassist, Musiklehrer und Gautinger Kulturreferent Stefan Berchtold seiner Solidaritätsnote anschließen werden. Mit beiden ist Erik Berthold befreundet. Mit seinem Fast-Namensvetter Berchtold war er zehn Jahre lang mit der Formation Peacemakers unterwegs.

Das Straßenkonzert sei mitnichten als Protestaktion oder Demo zu verstehen. "Ich will nicht Revolution machen", so Erik Berthold, er denke auch nicht daran, sich auf die Diskussion einzulassen, was den russischen Präsidenten Wladimir Putin in diesen Krieg getrieben habe. "Es gibt ja die Aussage, dass der Westen nicht ganz unschuldig daran sei. Die Arroganz des Westens jedenfalls ist unübersehbar."

Inspiriert zu dem Auftritt haben ihn offenbar auch Fernsehbilder von einem Mädchen, das in der U-Bahn in Kiew sitzt, Gitarre spielt und weint. "Des hat mich so mitgenommen", erklärt er in seinem Facebook-Video, "vielleicht können wir ja doch was sagen, vielleicht haben wir ja doch eine Waffe mit unserer Musik, so wie's Woodie Guthrie in den Zwanzinger- und Dreißigerjahren gemacht hat." Der Singer-Songwriter aus Oklahoma hatte auf seine Gitarre den Spruch geschrieben: "Diese Maschine tötet Faschisten."

Sein spontanes Konzert in Gauting hatte Berthold nicht angemeldet. "Ich hab' nicht gefragt, ich mach' des einfach", denn wenn er sich an das zuständige Amt gewandt hätte, "hätt' ich vielleicht in einem halben Jahr eine Antwort gekriegt". Der Folkmusiker, der auch durch die Pandemie in finanzielle Schieflage geraten ist, sein Haus in Oberpfaffenhofen veräußern muss und in den vergangenen drei Monaten "600 Instrumente verkauft, verschenkt und entsorgt hat", sagt es so: "Ich bin Straßenmusiker - und wenn's einem nicht passt, stell ich mich halt auf die andere Straßenseite."

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