Frauen haben manchmal doch mehr Ahnung vom Fußball als Männer. Viktor Worms etwa saß an diesem Abend im April 1996 im riesigen Stadion Camp Nou direkt unter dem Dach. Die Spieler des FC Barcelona und des FC Bayern waren kaum zu erkennen, ihre Köpfe waren winzige Punkte und die Rückennummern schmale Striche. Worms brüllte ins Mikrofon, schrie an gegen fast 100000 Zuschauer. Er genoss es, denn er machte, was er liebte: Er übertrug ein Fußballspiel im Radio.
Viktor Worms war einemal ein bekanntes Gesicht in Deutschland. Von 1985 bis 1990 moderierte er die ZDF-Hitparade. Heute hat der 51-Jährige ein Büro in Tutzing - er arbeitet als Produzent und Ideengeber im Hintergrund.
(Foto: Georgine Treybal)In der Halbzeit telefonierte er mit seiner Redaktion in München - mit Kathrin Müller-Hohenstein. KMH, wie man sie nennt, hatte das Uefa-Pokal-Halbfinale bei Premiere verfolgt, sie sagte: "Viktor, Du machst das wunderbar! Aber bist du sicher, dass wir das gleiche Spiel sehen?" Worms hatte oft Mehmet Scholl mit Ciriaco Sforza verwechselt, weil er weit entfernt vom Spielfeld saß.
Worms war damals, Mitte der neunziger Jahre, Programmdirektor bei Antenne Bayern, manchmal teilte er sich selbst zu Fußballspielen ein. Müller-Hohenstein war damals seine Mitarbeiterin, heute moderiert sie das ZDF-Sportstudio.
Viktor Worms war mal ein bekanntes Gesicht in Deutschland, von 1985 bis 1990 moderierte er die Hitparade. "Wir hatten zwischen zehn und zwölf Millionen Zuschauer", sagt er. Erstens gab es damals kein Privatfernsehen, jedenfalls kein konkurrenzfähiges. Zweitens konnten die Menschen noch darauf warten, dass ihnen die Musik-Hits bei der Hitparade oder bei Formel 1 serviert wurden. Heute werden die Lieder einfach heruntergeladen.
Viktor Worms war damals ein schmaler junger Kerl mit halblangen Haaren und ganz viel guter Laune. Ein professioneller Sonnyboy, bei dem man nicht nur ahnte, dass ihm allerlei Blödsinn im Kopf herumgeisterte; man traute ihm auch eine größere Fernsehkarriere zu. Doch Worms verschwand vom Bildschirm. Warum? Und was machte er seitdem?
Mittlerweile ist Viktor Worms 51 Jahre alt und hat ein Büro in Tutzing am Starnberger See. Er hat immer noch die gleiche, etwas zu hohe Stimme, er ist noch schlank, die Haare sind etwas kürzer und ein bisschen grau, aber die Frisur ist immer noch jugendlich. Sein Büro ist im gleichen Haus untergebracht wie die Tabaluga-Kinderstiftung von Peter Maffay. "Peter und ich kennen uns seit 20 Jahren - als er mich vor sechs oder sieben Jahren fragte, ob ich von München hierherkommen wollte, habe ich zugesagt." Worms hat nun eine Produktionsfirma. Zuletzt hat er die Show Magnifico mit André Heller inszeniert.
Worms hat die Hitparade 1990 verlassen, weil er gemerkt hat, dass er keine Rampensau ist. "Thomas Gottschalk, der füllt einen Raum, der ist dafür geboren - ich bin das nicht", sagt er. "Ich habe mir im Fernsehen auch nie gefallen." Das klingt nicht kokett, sondern ehrlich, selbstkritisch und schonungslos. Worms hatte nicht sofort eingesehen, dass es für die große Fernsehkarriere nicht reicht, es war ein Prozess über Jahre.